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K&R 2011, 1
Kurth, Matthias 

Das Aus der kostenpflichtigen Warteschleife

Fast jeder kennt es, statt der erhofften Stimme des Mitarbeiters ist bei einem Anruf auf einer zeittarifierten Service-Hotline minutenlang lediglich die Musik der Warteschleife zu hören. Neben dem unnötigen Zeitverlust sind insbesondere die Kosten für die Warteschleife ein Ärgernis für die Verbraucher. Über Jahre hinweg wurden von den TK-Unternehmen Lösungen in Aussicht gestellt, damit Verbraucher nicht in langen kostenpflichtigen Warteschleifen hängen. Passiert ist hingegen nichts und so hat der Gesetzgeber jetzt im Rahmen einer ohnehin anstehenden Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) das Problem aufgegriffen.

Nach dem Regierungsentwurf sollen bei allen zeitabhängig tarifierten Mehrwertdiensten weder am Anfang der Verbindung noch nach etwaigen Weitervermittlungen kostenpflichtige Warteschleifen zulässig sein. Zur Realisierung dieser Regelung sollen nun technische Möglichkeiten gefunden werden, wie der Netzbetreiber des Anrufers zur Abrechnung der Verbindung erfährt, wann eine Warteschleife beginnt und wann sie endet. Es wurden in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Ansätze diskutiert. Einige Lösungsvorschläge beziehen allerdings bestimmte Anrufergruppen wie etwa Prepaid-Kunden nicht mit ein. Um eine praktikable Lösung erarbeiten zu können, sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Regelung erst in einer zweiten Phase ein Jahr nach Inkrafttreten des geänderten TKG umgesetzt werden soll.

Um die Verbraucher auch kurzfristig vor kostenpflichtigen Warteschleifen zu schützen, ist in einer ersten Phase, die drei Monate nach Inkrafttreten des geänderten TKG beginnen soll, vorgesehen, dass zumindest die ersten zwei Minuten der Wartezeit nicht tarifiert werden dürfen. Die technische Realisierung dieser Phase kann bei netzbasierten Warteschleifen über einen relativ einfach realisierbaren Trick, das "verzögerte Connect", erfolgen. Zurzeit sind die meisten Warteschleifen aber in TK-Anlagen realisiert. Unternehmen, die mit einer kostenpflichtigen Mehrwertdienste-Rufnummer und einer TK-anlagenbasierten Warteschleife operieren, müssten ihren Netzbetreiber daher beauftragen, diese netzbasiert bereitzustellen, damit die ersten beiden Minuten für den Anrufer kostenlos sind.

Wird die Phase 1 wie geplant gesetzlich festgeschrieben, gehe ich davon aus, dass die Netzbetreiber sich bemühen werden, das "verzögerte Connect" kurzfristig anzubieten. So kann die gesetzliche Verpflichtung in dieser Phase erfüllt werden. Darüber hinaus sind schon vor Inkrafttreten des Gesetzes sowohl die TK-Unternehmen als auch die Unternehmen, die bisher Warteschleifen einsetzen, gefordert, sich auf den Beginn der zweiten Phase vorzubereiten.

Aus Sicht der Unternehmen wäre es auch möglich, von zeitabhängig abgerechneten 0180er Rufnummern (0180-1, -3 und -5) auf eine Ortsnetzrufnummer oder eine 0800er Rufnummer zu wechseln, um so über das Ende der Phase 1 hinaus technische Änderungen an der Warteschleife zu vermeiden. Dies erfordert zwar die Kommunikation einer neuen Rufnummer, dafür kann diese Lösung aber ohne größeren technischen Aufwand über die Phase 1 hinaus aufrechterhalten werden. Alternativ könnten Warteschleifen einfach abgeschaltet werden. Da der Anrufer dann ein Besetztzeichen bekommt und so lange erneut anwählen muss, bis er einen Mitarbeiter erreicht, dürfte diese Variante aber in der Regel als wenig kundenfreundlich erachtet werden.

Wie fällt das Resümee aus? In die Thematik ist Bewegung gekommen, zahlreiche Lösungsansätze liegen auf dem Tisch. Und es wird wie so oft im Leben sein: Es gibt Gewinner und Verlierer. Zu Letzteren zählen die Unternehmen, die mit teuren, unangemessen langen Warteschleifen der Anlass der Regelungen gewesen sind. Sollte die Regelung wie vorgeschlagen in Kraft treten, wird es unvermeidbar sein, dass auch andere Unternehmen, die heute unter einer kostenpflichtigen Mehrwertdienste-Rufnummer erreichbar sind und zum Auffangen von Spitzenlasten Warteschleifen einsetzen, Änderungen vornehmen. Für den Verbraucher indes wäre das Ergebnis der Gesetzesänderung positiv. Lästige Warteschleifen wird es zwar auch weiter geben, aber es entfällt der Ärger über die hohen Telefonkosten.

Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen
 
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