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Suchmodus: genau  
 
 
K&R 2013, 1
Dörr, Dieter 

Die Googleisierung der Informationssuche

Die Suchmaschinen machen durch ihre Dienste das Internet in seiner heutigen Form als grenzenloses Informationsportal überhaupt erst nutzbar. Durch Webcrawler und andere Softwareprogramme finden die meisten Internetseiten ihren Weg in den Index von Google und anderen Suchmaschinen. Sie sind erst dadurch auffindbar und existieren auf diesem Wege für die Mehrheit der Internetnutzer. Die Suchmaschinen nehmen im Internet somit die Stellung eines Informationsintermediärs ein und eröffnen dem Nutzer als sog. Bottleneck-Unternehmen die Nutzung der Vielfalt des Netzes.

Auf dem Markt der Suchmaschinen hat Google eine herausragende Stellung erlangt. Der Marktanteil dieses Unternehmens in Deutschland lag 2012 bei über 90 %. Dies begründet die Sorge, dass Google durch seine Monopolstellung zur Herausbildung von Meinungsmacht fähig ist. Dabei zeigt sich, dass das Potential der Einflussnahme auf die Informationsvielfalt im Internet durch Google kaum abzuschätzen ist. Durch die Geheimhaltung der Such-Algorithmen, die kaum zu unterbindende Personalisierung der Suche, das Treffen eigener Aussagen durch die Suchergänzungsfunktion, die Gerüchte über eventuelle Absprachen mit Geschäftspartnern, die Einflussnahme auf die Suchergebnisse sowie nicht zuletzt die tatsächliche Beschränkung des Suchindexes aufgrund staatlichen Drucks und durch die Monopolstellung Googles können den Suchmaschinennutzern Informationen und Meinungen weitgehend unbemerkt vorenthalten werden. Der Eindruck der Suchmaschinennutzer, dass die Suchmaschine und ihre Suchergebnisse neutral, unabhängig und authentisch seien, entspricht demnach nicht der Realität. Es besteht die begründete Gefahr, dass man nicht mehr "findet, was man sucht", sondern, dass man das findet, was Google möchte, dass es gefunden wird. Der Einfluss von Suchmaschinen auf die Meinungsvielfalt verschiebt sich zeitlich nach vorne. Zentral ist die Frage nach dem Auswahlprozess durch den Intermediär. Darin drückt sich die "Suggestivkraft" Googles aus.

Dies belegt die Meinungsrelevanz der Suchmaschinen, insbesondere des "Quasi-Monopolisten" Google. Daher trifft den Gesetzgeber eine besondere Gewährleistungspflicht bezüglich der Sicherung der Meinungsvielfalt. Sie verpflichtet ihn dazu, im Rahmen seiner Kompetenz, geeignete und angemessene Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt bezüglich der Suchmaschinen zu treffen. Für die Regulierung des Suchmaschinenmarktes muss das Rad nicht neu erfunden werden. Das deutsche Recht hält auf unterschiedlichen Rechtsgebieten bereits Regelungen vor, die sich konzeptionell mit der Lösung ähnlicher Problemstrukturen beschäftigt haben. Kurz gefasst sind die drei zentralen Orientierungspunkte für eine Neuregulierung: Neutralität, Transparenz und Kompetenz (NTAKT-Kriterien). Anspruch einer Regelung muss sein, die Meinungsvielfalt zu sichern, ohne unverhältnismäßig in den Wettbewerb und die dynamischen Entwicklungsprozesse der digitalen Medien einzugreifen.

Im Ergebnis verlangt die Suchmaschinenneutralität den chancengleichen Zugang zu einem aussichtsreichen Suchmaschinenranking. Das Kriterium der Transparenz hat als Schnittstelle zwischen Sicherung der Suchmaschinenneutralität und Erweiterung der Kompetenzen der Nutzer dualen Charakter. Die Transparenzregelungen müssen aber auch berücksichtigen, dass die Such-Algorithmen das Kapital einer Suchmaschine ausmachen. Das Kriterium der Medienkompetenz hat die Interaktionsmöglichkeiten zwischen Nutzern und Suchmaschinenanbietern im Blick. Es spielt bei der Sicherung der Meinungs- und Informationsvielfalt innerhalb der Suchergebnisse eine tragende Rolle. Denn trotz geheimen Such-Algorithmus und Suchmaschinenoptimierung à la "personalisierte Suche" kann der Nutzer durch seine Sucheingabe den entscheidenden Faktor für das Suchresultat setzen. Allein das generelle Nutzerverhalten deutet auf eine gegenteilige Verfahrensweise bei der Suche hin. Die Suche ist geprägt von der Reduktion der Komplexität und der schnellen Entscheidungsfindung. Das Potential der eigenen Einwirkungsmöglichkeiten beziehungsweise die Folgen der Übernahme der Suchmaschinenstandards sind dem Nutzer kaum bewusst oder nicht bekannt. Aufgrund der ständigen Interaktion wird es Aufgabe der Suchmaschinenbetreiber sein, die Suchmaschinenkompetenz der Nutzer zu fördern. Dadurch kann ein Ende des "mitgemacht Werdens" bei der Suchoptimierung erreicht werden.

Die digitale Welt und ihre dynamischen Prozesse faszinieren durch ihre unbegrenzten Möglichkeiten. Im Bereich der Informationsgewinnung auf diesem Feld bieten Suchmaschinen einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert. Ihr wachsender Einfluss macht sie aber zum Fluch und Segen zugleich. Damit sie auch in Zukunft mit dem Spruch "Don't be evil" werben können, werden sie um eine stärkere Zusammenarbeit mit staatlichen Instanzen und ihren Nutzern nicht herumkommen. Regulierung muss dabei nicht zwingend die Einschränkung der unbegrenzten Möglichkeiten bedeuten. Geschickt verpackt werden alle Seiten davon profitieren.

Prof. Dr. Dieter Dörr, Mainz
 
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