Telekomregulierung in der Schweiz
von Dr. Martin Dumermuth*
Im Gleichschritt mit der Europäischen Gemeinschaft hat die Schweiz im Jahre 1998 die früheren Netz- und Telefondienstmonopole abgeschafft und den Markt geöffnet, mit beeindruckenden gesamtwirtschaftlichen Effekten: Der jährliche Branchenumsatz pro Einwohner hat im Zeitraum von 1998 bis 2006 von rund 1.570 Schweizer Franken (CHF) auf 2.170 CHF zugelegt und der Beitrag der Telekombranche zum Bruttoinlandsprodukt nahm um über 15 % zu. Gleichzeitig fiel der Index für Telekompreise um rund 40 %. Die Beschäftigung im Sektor lag Ende 2006 auf dem Niveau von 1998, d. h. der seit der Marktöffnung stattgefundene Stellenabbau der historischen Anbieterin wurde kompensiert.
Erst im Jahre 2007 öffnete sich den alternativen Diensteanbieterinnen in einem weiteren Schritt der regulierte Zugang zu entbündelten Kupferanschlussleitungen und zur Kabelkanalisation von marktbeherrschenden Anbieterinnen. Auch eine Verpflichtung marktbeherrschender Firmen, regulierte Bitstromprodukte und den Wiederverkauf von Anschlüssen anzubieten, wurde erst auf diesen Zeitpunkt Realität.
Hinter der Beschränkung des Zugangs auf das Kupfer steht die gesetzgeberische Absicht, primär den Infrastrukturwettbewerb zu fördern. Prägend war dabei, dass in der Schweiz die Fernsehkabelnetze früh den Breitbandwettbewerb lanciert haben und die Swisscom als historische Anbieterin zwangen, mit einer Offensive im Bereich der digitalen Teilnehmeranschlussleitung („Digital Subscriber Linie“, DSL) zu antworten. Dank dieser Konstellation steht die Schweiz in den Statistiken der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung („Organisation for Economic Co-operation and Development“, OECD) hinsichtlich Breitbandpenetration in der Spitzengruppe.
Die investitionsfreundliche Haltung des Schweizer Gesetzgebers ermutigt sowohl die historische Anbieterin als auch die Kabelfernsehnetzbetreiber, ihre Breitbandinfrastrukturen auszubauen. Daneben treten neue Spieler wie die Elektrizitätswerke auf den Plan, die in ihren Versorgungsgebieten vermehrt Glasfasernetze erstellen. Solche Investitionen sind mit hoher Unsicherheit verbunden, und so ist der Ruf laut geworden, die Investitionstätigkeit zwischen den verschiedenen Akteuren – etwa wenn Grabarbeiten nötig sind – zu koordinieren und damit volkswirtschaftlich sinnlose Kosten zu vermeiden. Im Interesse der Systemoffenheit und des künftigen Wettbewerbs sollten ferner einheitliche Industriestandards für die hausinterne Verkabelung („Inhouse“-Verkabelung) angestrebt werden. Wenn es gelingt, Investitionen effizient voranzutreiben und zugleich durch Standardisierungen günstige Voraussetzungen für einen offenen Wettbewerb zu schaffen, liegt darin eine Chance für die Informationsgesellschaft.
* | Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) (Schweiz). |