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RdF 2025, 1
Häck 

“Beifang” für den Fiskus – Fondsanteile in der Wegzugsbesteuerung durch das JStG 2024

Der Gesetzgeber erschwert erneut Wegzüge natürlicher Personen in das Ausland

Abbildung 1

Die Wegzugsbesteuerung auf Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. § 17 EStG findet sich seit mehr als fünfzig Jahren in § 6 AStG. Sie ist eine der zentralen Herausforderungen bei der Vorbereitung physischer Wegzüge oder bei grenzüberschreitenden Erbfällen bzw. Schenkungen. Besteuert wird ein fiktiver Verkauf der Anteile zum Verkehrswert, die Steuer kann auf Antrag in sieben Jahresraten gezahlt werden und unter Einhaltung bestimmter “Spielregeln” rückwirkend wieder entfallen. Mit dem Umsetzungsgesetz der Anti Tax Avoidance Directive (ATAD-UmsG, BGBl. I 2021, 2035) wurde die dauerhafte Stundung der Wegzugsteuer abgeschafft.

Eine generelle Wegzugsbesteuerung für Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG kennt das deutsche Steuerrecht, anders als etwa das österreichische Steuerregime, nicht. § 6 AStG ist insoweit nicht einschlägig. Eine Anwendung auf Investmentanteile i. S. d. InvStG scheidet richtigerweise (vgl. Benecke, in: Mann/Staats [Hrsg.], BeckOK AStG, 9. Ed., Stand: 1.9.2024, § 6, Rn. 117) selbst dann aus, wenn der Fonds als Kapitalgesellschaft strukturiert und die Beteiligungsquote von 1 % überschritten sein sollte. Einer Wegzugsbesteuerung auf Investmentanteile war bereits im Gesetzgebungsverfahren zum InvStRefG durch den Bundesrat ins Spiel gebracht worden (BR-Drs. 119/16 [B], 31; BR-Drs. 320/16 [B], 2), wurde aber nicht umgesetzt. Die Einführung einer – eng an § 6 AStG angelehnten – Wegzugsbesteuerung auf Investmentanteile ab dem 1.1.2025 durch das JStG 2024 (BGBl. I 2024, Nr. 387) in § 19 Abs. 3, § 49 Abs. 5 InvStG n. F. kam insoweit überraschend und – wiederum auf Initiative des Bundesrats (BR-Drs. 369/24 [B], 72) – erst sehr spät (Ende September 2024) in das Gesetzgebungsverfahren. Grund hierfür seien Erkenntnisse, die darauf hindeuteten, dass Beteiligungen an jungen Unternehmen zu einem frühen Zeitpunkt in Fonds eingelegt worden seien, um bei späterem Wegzug die Besteuerung der Wertsteigerungen zu vermeiden.

Der fiskalische “Beifang” bei “unverdächtigen” Investments dürfte im Verhältnis zum Gesetzeszweck unangemessen hoch sein. So sind Anteile von natürlichen Personen an Spezial-Investmentfonds zwar nur selten zu beobachten, insoweit stellt das Gesetz an den Beteiligungsumfang aber keine besonderen Anforderungen. Investmentanteile an Kapitel 2-Fonds sind bei einer Beteiligung von 1 % an sämtlichen ausgegeben Investmentanteilen erfasst. Der wesentliche Anwendungsbereich wird hier, so zeigen es auch die ersten Beratungsfälle, bei Anteilsinhabern liegen, die im Wegzugszeitpunkt Investmentanteile an einem Investmentfonds halten, deren Anschaffungskosten mindestens 500 000 Euro betragen. Planerisch lässt sich eine Wegzugsbesteuerung durch frühzeitige Verteilung der Investmentsummen auf unterschiedliche Fonds oder einen partiellen Abverkauf unter die Anschaffungskosten-Schwelle vor dem Wegzug erreichen.

Die Regeln setzen sich den gleichen europarechtlichen Bedenken aus wie § 6 AStG. Auch insoweit ist die dauerhafte Stundung der Steuer zu ermöglichen. “Teuer” wird es für den Wegzügler, wenn er in Deutschland auf einen (hohen) Anteilswert Wegzugsteuer zahlt, den er später nicht realisieren kann. Aber auch wenn der Anteilswert konstant bleibt oder steigt, ist damit zu rechnen, dass der Zuzugsstaat bei tatsächlicher Realisation die von der Wegzugsbesteuerung erfassten Wertsteigerungen ebenfalls besteuern wird.

Die Sorge, der Gesetzgeber könnte die Wegzugsbesteuerung auf sonstiges Kapitalvermögen ausdehnen, dürfte unbegründet sein. Hier sind keine Steuerumgehungsszenarien erkennbar, die eine Einführung nahelegen würden.

Dr. Nils Häck, RA/FAStR, ist Partner bei Flick Gocke Schaumburg Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaft mbB und schwerpunktmäßig in der Wegzugsberatung natürlicher Personen tätig.

 
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