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RdZ 2021, 73
Lambrecht 

Bekämpfung der Geldwäsche: von falschen Befürchtungen – und nächsten Schritten

Um die Geldwäsche entscheidend zurückzudrängen, ist eine ganzheitliche Strategie notwendig.

Deutschland – ein Geldwäscheparadies? Diagnosen dieser Art muss man nicht zustimmen, um anzuerkennen: Bei der Bekämpfung der Geldwäsche gibt es Handlungsbedarf. Eine international verflochtene Wirtschaft, eine stabile politische Ordnung, eine Gesellschaft, der ihr Bargeld lieb ist: All das macht Deutschland attraktiv – auch für Geldwäsche-Täter. Deren Machenschaften muss unser Rechtsstaat entschlossen entgegentreten. Denn Geldwäsche gefährdet die innere Sicherheit, indem sie als Anschlussdelikt kriminelle Handlungen begünstigt. Und v. a. verursacht sie großes Leid. Nicht zuletzt die Aussicht darauf, die Profite ihrer Taten in den legalen Wirtschaftskreislauf einschleusen zu können, bewegt Kriminelle zu ihren Taten – zur Ausbeutung von Zwangsprostituierten, zum Drogenhandel, zum Cyberbetrug. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche hat der Gesetzgeber den Straftatbestand der Geldwäsche jüngst noch einmal nachgeschärft. Im Februar dieses Jahres hat der Deutsche Bundestag das Gesetz beschlossen, zum 18.3.2021 ist es in Kraft getreten. Seine wichtigste Neuerung liegt in der Übernahme des sog. “all crimes approach”, wie ihn die Strafgesetzbücher anderer europäischer Staaten bereits verfolgen. Nach dem bisherigen Recht konnten nur bestimmte, in einem Katalog ausdrücklich genannte schwere Straftaten Vortaten einer Geldwäsche sein: Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Erpressung etwa nur dann, wenn sie gewerbsmäßig oder durch Banden begangen wurden. Nunmehr bestimmt das Strafgesetzbuch, dass alle Straftaten Vortat der Geldwäsche sein können. Das ermöglicht eine effektivere Verfolgung und Ahndung von Geldwäsche. Im Bereich der organisierten Kriminalität gehen die Täter typischerweise hochgradig arbeitsteilig vor. Für Strafverfolgungsbehörden gestaltete es sich deshalb oft überaus schwierig nachzuweisen, dass ein Vermögensgegenstand aus einer bestimmten, im bisherigen Katalog aufgeführten Vortat stammt. Mit dieser Schwierigkeit sind die Strafverfolgungsbehörden seit der Reform nicht mehr konfrontiert. Und das ist kriminalpolitisch ein merklicher Fortschritt, wie etwa auch der Deutsche Richterbund in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf angemerkt hat. Neben viel Zustimmung hat die Ausweitung des Straftatbestands der Geldwäsche verschiedentlich auch Bedenken hervorgerufen. Im juristischen Schrifttum und parlamentarischen Verfahren ist die Befürchtung geäußert worden, bei der Verfolgung und Ahndung der Geldwäsche könnten künftig Maß und Mitte verlorengehen; selbst Bagatellfälle der Geldwäsche könnten mit unverhältnismäßiger Schärfe verfolgt und bestraft werden. Diese Befürchtung lässt sich indes ausräumen. Im Zuge der Neufassung der Strafnorm der Geldwäsche hat der Gesetzgeber auch den Strafrahmen angepasst: Die bisherige Mindeststrafe von drei Monaten wurde gestrichen. Dadurch ist sichergestellt, dass weniger schwerwiegende Fälle der Geldwäsche keiner unangemessen strengen Strafandrohung unterliegen. Auch das Strafprozessrecht wurde angepasst. Nach wie vor stehen den Strafverfolgungsbehörden besonders grundrechtssensible Eingriffsbefugnisse – z. B. die Telekommunikationsüberwachung oder die Onlinedurchsuchung – nur dann zu, wenn der Verdacht besteht, dass Erträge aus einer schweren bzw. besonders schweren Straftat gewaschen werden. Die zentralen Prinzipien des liberal-rechtsstaatlichen Strafrechts – Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen, Schuldangemessenheit der Strafe – tastet die Reform also nicht an. Wichtig ist aus meiner Sicht schließlich noch Folgendes: Um die Geldwäsche entscheidend zurückzudrängen, ist eine ganzheitliche Strategie notwendig. Neben passgenauen Straftatbeständen bedarf es auch einer nachhaltigen Vermögensabschöpfung, gut ausgestatteter Behörden und Gerichte, einer wirksamen Einbindung nichtstaatlicher Akteure, internationaler Kooperation, effektiver Anreize für Compliance, eines wirkungsvollen Schutzes von Hinweisgebern – und angemessener Sanktionen für Unternehmen, die Geldwäsche befördern. Bei manchen dieser Aspekte wurden zuletzt ebenfalls Fortschritte erzielt: Ich erinnere nur an die im letzten Jahr in Kraft getretene Novelle des Geldwäschegesetzes und an den Pakt für den Rechtsstaat. Doch es ist noch viel zu tun. In Deutschland gibt es noch immer kein zeitgemäßes Unternehmenssanktionenrecht, wie es andere Länder längst haben – und auch beim Schutz von Whistleblowern besteht Regelungsbedarf. Überzeugende Vorschläge hierfür liegen längst auf dem Tisch.

Abbildung 1

Christine Lambrecht ist Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz

 
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