Befristete Arbeitsverhältnisse in der Sozialauswahl
von Cornelia Mönning, Aachen
Trifft es auch die befristet Beschäftigten?
Bei der vor Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen durchzuführenden Sozialauswahl ergibt sich regelmäßig die Frage, ob befristet beschäftigte Mitarbeiter einzubeziehen oder wegen des absehbaren Endes des Arbeitsverhältnisses aus der Sozialauswahl herauszunehmen sind, insbesondere dann, wenn im Zeitpunkt der Auswahl schon feststeht, dass die Arbeitsverhältnisse über das Befristungsende hinaus nicht fortgesetzt werden sollen.
Bei der Auswahl der zu kündigenden AN ist folgendes zu beachten:
Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG erfordert die Berücksichtigung von Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer sind dann in die soziale Auswahl einzubeziehen, wenn sie ordentlich kündbar sind, was im Arbeitsvertrag vereinbart sein muss. Die Vergleichbarkeit hängt davon ab, ob die Arbeitnehmer unter Berücksichtigung von Faktoren wie Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können.
Das BAG hat am 26. März 2015, 2 AZR 417/14, sinngemäß entschieden, dass der Arbeitgeber zuerst alle befristeten Verträge auslaufen lassen muss, bevor er unbefristet tätigen Mitarbeitern kündigen darf. Dies gilt insbesondere, wenn Arbeitsplätze wegfallen, auf denen sowohl unbefristet als auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer tätig sind.
Und damit steht man schon vor der nächsten Frage:
Besteht die Möglichkeit, die unbefristeten Arbeitsverhältnisse, die von kurzer Dauer sind, mit so langer Frist zu kündigen, dass sie erst zusammen mit den Befristungen enden und damit die Sozialauswahl gewahrt ist, ohne dass die befristeten Arbeitsverhältnisse vor Ablauf der Befristungen gekündigt werden müssen? Das wäre ein eleganter Schachzug, um unnötige Kündigungen und Kündigungsschutzklagen mit entsprechenden Prozesskosten zu vermeiden.
Die soziale Rechtfertigung einer Kündigung erfordert aber auch, dass der Kündigungsgrund und der Zeitpunkt der Kündigung zusammenpassen. Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der Kündigungsgrund zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegt.
Eine Kündigung ist zwar nicht automatisch unzulässig, wenn sie mit einer zu langen Frist ausgesprochen wird. Grundsätzlich sind die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen als Mindestfristen zum Schutz des Arbeitnehmers gedacht. Eine Verlängerung dieser Fristen durch den Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer zugutekommen, indem sie sein Arbeitsverhältnis länger aufrechterhält.
Allerdings kann eine verlängerte Kündigungsfrist problematisch sein, wenn sie dazu dient, Kündigungsschutzregelungen (so wie sie sich z.B. bei einer Massenentlassung ergeben) zu umgehen oder wenn sie überwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt. In solchen Fällen könnte die Kündigung als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
Was auf den ersten Blick wie eine gute Lösung aussieht, wird bei näherer Betrachtung kritisch, wenn erkennbar ist, dass die verlängerten Kündigungsfristen rein taktisch motiviert sind.
Rechtsanwältin Cornelia Mönning verfügt über mehr als 25-jährige Expertise auf den Gebieten des Arbeitsrechts und des Insolvenzarbeitsrechts. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Vorbereitung und Begleitung von Betriebsänderungen, Verhandlungen mit den Tarifvertragsparteien und natürlich auch die Vertretung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im arbeitsgerichtlichen Instanzenzug.