R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
SRNL 2024, 5
 

Mit oder ohne Gesellschafterbeschluss?

Gesetzt den Fall, Sie sind ein umsichtiger und vorausschauender Geschäftsführer, der ständig die Lage und die Entwicklung seiner Gesellschaft im Auge hat und alle Anforderungen erfüllt, die mit der Pflicht zur Krisenfrüherkennung (§ 1 StaRUG) einhergehen. Und so stellen sie eines Tages erste Krisenanzeichen fest, verbunden mit der Erkenntnis, dass ohne geeignete Gegenmaßnahmen innerhalb eines Prognosezeitraums von 24 Monaten die Zahlungsunfähigkeit drohen könnte. Was tun?

Nach reiflicher Überlegung und Beratung entschließen Sie sich zur Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG. Und gewissenhaft wie Sie sind, stellen Sie sich als nächstes die Frage, muss ich meine Gesellschafter informieren und einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss einholen?

Und schon stehen sie am Scheideweg. Denn das Amtsgericht Dresden meint: Nein! Es werde der Intention des Gesetzgebers nicht gerecht, eine vielleicht quälende und damit langwierige Diskussion mit den Gesellschaftern zu beginnen und Zeit zu verspielen, die man in der Krise nicht hat. Außerdem habe – so meint das Amtsgericht Dresden – die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens keine satzungsändernde Wirkung. Danach können Sie die bereits vorbereitete Anzeige einer Restrukturierungssache beim zuständigen Gericht auch ohne Gesellschafterbeschluss einreichen.

Anders das Amtsgericht Hamburg: Nach seiner Auffassung hat der Geschäftsführer nicht einmal die Vertretungsmacht zur Anzeige eines Restrukturierungsvorhabens, sofern und solange kein zustimmender Gesellschafterbeschluss vorliegt. Dieser Auffassung hat sich auch das Landgericht Berlin angeschlossen, während das Amtsgericht Nürnberg im Einzelfall prüfen will, wie hoch das Gefährdungspotential für die Gesellschaft ist, um daraus abgeleitet zügig handeln zu können. Ähnlich äußerte sich jetzt auch das OLG Stuttgart. Danach ist die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nur entbehrlich, wenn das Restrukturierungsverfahren die einzige Alternative ist, um die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu vermeiden.

Sie können es also nur falsch machen. Wobei am wenigsten falsch die konsensuale Handlungsweise ist, also die Einbeziehung der Gesellschafter, auch um den Preis, dass das Verfahren dadurch verzögert wird. Denn im frühen Krisenstadium haben Geschäftsleiter in erster Linie die Interessen der Gesellschaft im Auge zu haben. Die ursprünglich in § 2 StaRUG vorgesehene Regelung, wonach die Interessen der Gläubiger den Interessen der Gesellschaft vorgehen, wurde im Gesetzgebungsverfahren ersatzlos gestrichen. Vor Einleitung einer Restrukturierungssache die Zustimmung der Gesellschafter einer GmbH oder des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft einzuholen sollte deshalb die Regel sein, um Pflichtverletzungen zu vermeiden.

 
stats