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SRNL 2024, 10
Hebecker 

Die subsidiäre Betriebshaftpflichtversicherung für Insolvenzschuldnerunternehmen

Gastbeitrag von Jens Hebecker, Münster

Abbildung 9

Absicherung statt Unsicherheit.

Die subsidiäre Betriebshaftpflichtversicherung (BHV) stellt einen wichtigen Schutz für Insolvenzschuldnerunternehmen dar. Diese spezielle Versicherungsart ermöglicht es Insolvenzverwaltern, in Krisensituationen einen adäquaten Versicherungsschutz für das Schuldnerunternehmen zu gewährleisten. Die Versicherung greift, wenn Unklarheit über den bestehenden Betriebshaftpflichtschutz besteht.

Die subsidiäre BHV fungiert hier als rettender Anker.

Der vorläufige Insolvenzverwalter steht noch nicht in der Haftung. Seine Aufgabe besteht jedoch darin, den Wert der Masse zu ermitteln und zu schützen. Die Informationslage zum Versicherungsschutz ist oft eingeschränkt. Insbesondere bei Betriebsfortführung ist ausreichender Versicherungsschutz für Betriebshaftpflichtschäden erforderlich. Dem Verwalter fehlt in der Praxis neben der Zeit oft der Überblick über den benötigten Versicherungsschutz. Er ist u.a. konfrontiert mit folgenden Konstellationen:

Der Verwalter befindet sich derzeit in einer schwierigen Situation, da ihm keine Unterlagen hinsichtlich des bestehenden Betriebshaftpflichtschutzes des Schuldners vorliegen. Diese Information ist von wesentlicher Bedeutung, da der Schutz eine zentrale Rolle dabei spielt, potenzielle Risiken und Haftungen abzusichern. Ohne diese Dokumente fehlt nicht nur die Transparenz über die vorhandenen Absicherungen, sondern es wird auch eine wichtige Grundlage für die Bewertung des finanziellen Status und der rechtlichen Absicherung des Schuldners entzogen. Es ist daher unerlässlich, dass der Verwalter schnellstmöglich klärt, inwiefern eine gültige BHV besteht und welche Konditionen damit verbunden sind. Diese Informationen könnten entscheidend sein, um fundierte Entscheidungen zu treffen und potenzielle Risiken für alle beteiligten Parteien angemessen zu managen.

Der Verwalter hat ein wichtiges Versicherungsdokument entdeckt, das möglicherweise zentrale Informationen über den Versicherungsschutz liefert. Allerdings steht er nun vor einer Herausforderung: Er ist sich unsicher, ob die Erstprämie sowie die Folgeprämien korrekt und vollständig bezahlt wurden. Diese Ungewissheit wirft Fragen auf, die für die Absicherung von großer Bedeutung sind. Wenn die Prämien nicht beglichen wurden, könnte dies bedeuten, dass der Versicherungsschutz nicht mehr besteht und damit potenzielle Risiken drohen könnten. Um diese Situation zu klären, ist es unerlässlich, eine umfassende Überprüfung der Zahlungsnachweise vorzunehmen und gegebenenfalls schnellstmöglich Kontakt mit der Versicherung aufzunehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle notwendigen Schritte unternommen werden, um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten und etwaige Probleme frühzeitig zu erkennen.

Selbst wenn der Verwalter feststellt, dass die Prämie für die Versicherung pünktlich und vollständig bezahlt wurde, darf dies nicht als absolute Garantie dafür angesehen werden, dass auch SRNL 2024 S. 10 (11)tatsächlich Versicherungsschutz besteht. In diesem Zusammenhang ist es von zentraler Bedeutung, dass der Verwalter eine sorgfältige Überprüfung vornimmt, um sicherzustellen, dass die tatsächlichen Tätigkeiten des Schuldners mit den Angaben übereinstimmen, die in der Betriebsbeschreibung des Versicherungsscheins zur Betriebshaftpflichtversicherung festgehalten sind.

Diese Überprüfung ist nicht nur eine Formalität; sie ist eine essenzielle Aufgabe, die maßgeblich darüber entscheidet, ob im Schadensfall auch tatsächlich Leistungen von der Versicherungsgesellschaft erbracht werden. Oftmals zeigt sich in der Praxis, dass es erhebliche Unterschiede zwischen dem im Versicherungsschein beschriebenen Betrieb und den realen Aktivitäten gibt. In solchen Fällen kann es schnell zu einem unerfreulichen Erwachen kommen, wenn man plötzlich erkennt, dass im Schadenfall kein Schutz besteht, weil die tatsächliche Geschäftstätigkeit nicht den Bedingungen des Vertrages entspricht. Diese Diskrepanz kann weitreichende finanzielle Folgen für alle Beteiligten haben und verdeutlicht die Wichtigkeit einer gründlichen und regelmäßigen Prüfung der Tätigkeiten sowie deren Übereinstimmung mit den vertraglichen Vereinbarungen.

Die Klärung, ob die Erst- oder Folgeprämien gezahlt wurden und die korrekte Beschreibung des Betriebes dokumentiert wurde, muss schnell vom Verwalter und Insolvenzschuldner erfolgen. Die Bearbeitung kann von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen dauern. In dieser Zeit können, falls der Betrieb weiterläuft, unvorhersehbare Haftungsrisiken entstehen. Denn bei einem Schadensfall zählt der Moment, in dem der Schaden wirklich passiert – das sogenannte Schadenereignis. Dies beschreibt den Augenblick, in dem ein Schaden direkt verursacht wird. Entscheidend ist der Zeitpunkt, wann der Schaden auftritt.

Gerade in einem Produktionsbetrieb kann dies per sofort zu einem hohen Schaden führen.

Wenn der vorläufige Insolvenzverwalter wegen Zeitmangel oder fehlendem Know-how nicht prüfen kann, ist die einfachste Lösung, um schnell Versicherungsschutz zu bekommen, eine subsidiäre Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen.

Der Versicherungsschutz beginnt, sobald ein Antrag auf diese spezielle Versicherung durch den Insolvenzschuldner gestellt wird. Es ist dabei wichtig, dass die Beantragung unverzüglich erfolgt, um einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten. Sobald der Antrag eingereicht wurde, beginnt der Versicherungsschutz und schützt den Betrieb vor verschiedenen Haftungsrisiken.

Die wichtigsten Leistungsbereiche der subsidiären Betriebshaftpflichtversicherung umfassen verschiedene Schadensarten. Dazu zählen unter anderem Tätigkeitsschäden, die aus der beruflichen Tätigkeit der Mitarbeiter resultieren und möglicherweise Vermögensschäden nach sich ziehen. Auch Mietsachschäden an Betriebsräumen, die durch Brand oder Wasserschäden entstehen können, sind abgedeckt. Diese Aspekte sind besonders für Insolvenzschuldner wichtig, da sie oft auf gefährdetem wirtschaftlichem Gelände operieren.

Zusätzlich schützt die Versicherung gegen Produkthaftungsrisiken. Unternehmen können durch fehlerhafte Produkte in Haftung genommen werden. In solchen Fällen kann die subsidiäre Betriebshaftpflichtversicherung helfen, die finanziellen Folgen abzufedern. Auch Umweltrisiken fallen unter den Schutz dieser Versicherung. In Zeiten, in denen Unternehmen besonders sensibel auf ihre Umweltverantwortung achten müssen, ist es wichtig, auch hier abgesichert zu sein.

Ein weiterer Punkt der Versicherung ist das Risiko von Rückrufaktionen. Wenn Produkte aufgrund mangelnder Qualität oder Gefahren zurückgerufen werden müssen, können auch diese Kosten erheblich sein. Unternehmen sollten in der Lage sein, auf solche Situationen vorbereitet zu sein. Die subsidiäre BHV bietet hier einen zusätzlichen Puffer.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass der Versicherungsschutz nicht unbegrenzt gilt. Es gibt Angebote am Markt, wo der Versicherungsschutz nach drei Monaten endet. Spätestens erlischt der Versicherungsschutz, wenn das Insolvenzverfahren endet und das Unternehmen liquidiert wird. Diese Regelung sorgt dafür, dass die Versicherung immer aktuell und im besten Interesse der Beteiligten bleibt.

Zusammenfassend bietet eine subsidiäre BHV für Insolvenzschuldnerunternehmen eine wichtige Sicherungsmaßnahme. Sie schützt Unternehmen vor vielfältigen Haftungsrisiken und unterstützt Insolvenzverwalter dabei, eine sichere Basis für die Wiederherstellung der Unternehmensfähigkeit zu schaffen. In einer Zeit, in der wirtschaftliche Unsicherheit weit verbreitet ist, ist ein solider Versicherungsschutz unverzichtbar.

Ein gut informierter Insolvenzverwalter kann durch die Nutzung dieser Versicherung entscheidende Vorteile für die Unternehmensführung und die Stakeholder schaffen. Die klare und strukturierte Herangehensweise an die Herausforderungen, die mit Insolvenzen verbunden sind, ist entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung solcher Krisensituationen.

Abbildung 10

Jens Hebecker, Versicherungsexperte und Vorstand der Versteegen Assekuranz Versicherungsmakler Münster AG.

Versteegen bietet maßgeschneiderte Versicherungslösungen an, die speziell für Insolvenzverwalter, Sachwalter, Eigenverwalter, Sanierungsberater und Interim Manager entwickelt wurden.

Es wird das Ziel verfolgt, die Haftungsmasse ihrer Kunden zu erhöhen, das Haftungsrisiko zu minimieren und Klarheit bei Versicherungsfragen in einem oft komplexen rechtlichen Umfeld zu schaffen.

 
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