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SRNL 2022, 5
Feser 

Energiesicherungsgesetz (EnSiG)

von Udo Feser, Berlin

Abbildung 7

Rettungsschirm für Gasversorgung!

Historisch gesehen ist das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) ein Gesetz, das infolge der Ölkrise Im Jahre 1973 erlassen wurde. Es wurde damals unter dem Eindruck der hohen Einfuhrabhängigkeit bei Erdölerzeugnissen und Erdgas erlassen. Das Energiesicherungsgesetz enthielt einen Krisenmechanismus der einer möglichen Gefährdung oder Störung der Einfuhr von Mineralöl und Erdgas begegnen sollte.

Um die Energieversorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten waren aus der Sicht der Bundesregierung in der aktuellen Weltlage die Krisenvorsorge und die Instrumente der Krisenbewältigung zu stärken.

Dies war der Ausgangspunkt das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) von 1973 zu aktualisieren und die bestehenden Verordnungsermächtigungen zu präzisieren und zu ergänzen, um zum Beispiel unklaren Einfluss- und Rechtsverhältnissen bei bestehenden kritischen Infrastrukturen entgegenwirken zu können. So soll um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung als Ultima Ratio auch die Möglichkeit einer Enteignung geschaffen werden. Darüber hinaus ist im Gesetz die Möglichkeit vorgesehen, Preisanpassungen bei verminderten Gasimporten und großen Preissprüngen vorzunehmen. Zudem sieht das Energiesicherungsgesetz vor, dass in Krisensituationen Energiesparmaßnahmen für den Fall der unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung angeordnet werden können.

Darüber hinaus enthält die Änderung des Energiesicherungsgesetzes Regelungen, die die SoS-Verordnung (Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017) über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung umsetzen.

Die Änderungen des Energiesicherungsgesetzes sind am 12. Juli 2022 in Kraft getreten.

Zum Inhalt des Energiesicherungsgesetzes im einzelnen:

Kapitel 1 enthält in den §§ 1 bis 23 Vorschriften zu Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung im Krisenfall. Im Kern regeln die Vorschriften des Kapitels 1, Vorschriften zur Feststellung des Krisenfalles und seiner Wirkung. Der Krisenfall ist per Rechtsordnung festzustellen und alle Maßnahmen die angeordnet werden sind befristet.

Die Paragrafen enthalten Regelungen zu den Verordnungsermächtigungen, Regelungen der Zuständigkeiten, Regelungen zur Einrichtung und den Betrieb einer digitalen Plattform für Erdgas, Verordnungsermächtigungen und Anwendungsregelungen, Entschädigungsregelungen, Regelungen zur Bekanntgabe und Zustellungen, Regelungen zur Treuhandverwaltung, Regelungen zum Enteignungsverfahren, zur Entschädigung und zu Rechtsschutzregelungen.

Abschnitt 2 befasst sich unter § 24 mit dem Preisanpassungsrecht bei verminderten Gasimporten.

Welche Bezugspunkte hat nun das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) zum Insolvenzrecht bzw. hilft das Gesetz Insolvenzen zu vermeiden. Und schließlich könnte man die Frage stellen, ob SRNL 2022 S. 5 (6)§ 17 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) der Treuhandverwaltung von Unternehmen der kritischen Infrastruktur vorsieht, ein neues Betätigungsfeld für Insolvenzverwalter und Restrukturierer eröffnet.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Vorschriften des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) keine Vorschriften enthalten, die Vorschriften der Insolvenzordnung berühren bzw. aufheben.

In der Regel handelt es sich bei den Marktteilnehmern im Bereich des Erdölhandels bzw. Gashandels um mittelständische bzw. große Kapitalgesellschaften für die das Gesellschaftsrecht und das Insolvenzrecht uneingeschränkt Anwendung findet. Es gelten daher die gesetzlichen Vorschriften. Dies gilt auch für die Verteilnetzbetreiber und Versorgungsnetzbetreiber.

Eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sieht das Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) nicht vor.

Das Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) will die Energieversorgung in Deutschland im Krisenfall sicherstellen.

Es bleibt festzuhalten, dass das Sanierungsinstrumentarium auch für die betroffenen Marktteilnehmer anwendbar ist.

Der ursprüngliche Entwurf zum Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucher sah nicht unerhebliche Eingriffe in das Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters vor.

Paragraf 27 des Entwurfes sah im Falle einer Krisensituation eine Beschränkung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters zur Vertragserfüllung bei Energieverträgen vor. Danach sollte der Insolvenzverwalter verpflichtet sein, für Energieverträge grundsätzlich die Erfüllung gemäß § 103 Abs. 1 InsO zu wählen. Das gesetzgeberische Vorhaben des § 27 des Entwurfes wurde schließlich vom Gesetzgeber nicht weiterverfolgt und hat kein Eingang in das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) gefunden.

Weitere Bezugspunkte zum Insolvenzrecht lassen sich nicht feststellen.

Bleibt die Frage, ob die im § 17 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) geregelte Treuhandverwaltung ein neues Geschäftsfeld für Insolvenzverwalter und Restrukturierer eröffnet. Die Frage wird jedoch eine rhetorische Frage bleiben.

Die Regelung der Treuhandverwaltung stellt nach der Begründung des Gesetzgebers zunächst eine Ultima Ratio dar. Es soll sich dabei um eine befristete Maßnahme handeln, für die ein Zeitraum von 6 Monaten angenommen wird. Die Anordnung erfolgt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und wird per Verwaltungsakt angeordnet. Die Treuhandverwaltung erfolgt durch eine Verwaltungsbehörde. Die Anordnung einer Treuhandverwaltung kann vorsehen, dass

1. Die Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschafter des Unternehmens ausgeschlossen sind.

2. Die Stimmrechte aus den Anteilen an dem Unternehmen auf eine Stelle des Bundes übergehen und diese Stelle berechtigt ist, Mitglieder der Geschäftsführung abzuberufen und neu zu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen.

3. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsleitung in Bezug auf das Vermögen des Unternehmens beschränkt ist und Verfügungen unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Stelle des Bundes bestehen.

Inwieweit sich die staatlichen Stellen bei der Durchführung der Treuhandschaft auf externe Berater setzt bleibt abzuwarten. Im Zweifel wird die Anordnung der Treuhandschaft die Ausnahme bleiben.

Abbildung 8

Udo Feser ist Partner der überregionalen Sozietät Mönning Feser Partner Berlin. Er ist Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer und seit 1981 als Insolvenzverwalter tätig. Er verfügt über jahrelange Erfahrungen in der Sanierungsberatung und in der Sanierung von Unternehmen. Er ist Mitglied im Gravenbrucher Kreis.

 
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