a) Krisentreiber: Energiekosten
von Monika Eckstein, Greven
Geht der Wirtschaft das Licht aus?
Längst sind die Preissteigerungen der Energie auch beim Endverbraucher spürbar angekommen. Selbst wer in seiner Heizung kein Öl oder Gas verbrennt, den Strom vom Solarpaneel auf dem eigenen Dach zapft und bereits auf E-Mobilität umgestiegen ist – die Wirtschaft ächzt unter den hohen Belastungen und gibt, wo es nur möglich ist, diesen Kostendruck an die Verbraucher weiter. Nicht direkt und ungefiltert, aber merkbar und stetig steigend. Die Preissprünge bei Gas, Öl, Benzin und Strom treffen alle Branchen, selbst die im Niedrigenergiebereich. Sei es durch Engpässe der Lieferketten, höhere Versand- und Speditionskosten oder gestiegene Werkstoff- und Materialpreise.
Im Durchschnitt geht das Statistische Bundesamt von einer Verteuerung von 66,7 % innerhalb der letzten drei Monate aus – allein im Bereich der primären und sekundären Energieversorgung. Hier sind die Auswirkungen des Angriffskrieges noch nicht mitgerechnet!
In erster Linie sehen sich die energieintensiven Branchen, wie zum Beispiel die Chemieindustrie oder produzierende Industrieunternehmen, existenziell durch die Kostenexplosion bedroht. Dabei geht es nicht nur um den Betrieb von Produktionsmaschinen, sondern auch um die Preise für fossile Rohstoffe wie zum Beispiel Kohle oder Öl. Auch wenn die augenblickliche
Hilfreich ist, wenn schon frühzeitig Preisöffnungsklauseln mit den Kunden verhandelt worden sind. Aber die Spirale lässt sich nicht beliebig nach oben schrauben: Die in unseren Nachbarländern produzierenden Konkurrenzunternehmen können durch die Versorgung mit Kernkraft oder Wasserstoff deutlich günstiger produzieren. Wenn deutsche Unternehmen diesem Preisdruck nicht standhalten, droht mittelfristig eine Verschiebung des Marktes. Oder – schlimmer noch – eine Abwanderung der Unternehmen!
Zu den energieintensiven Betrieben, also solche, deren Anteil der Energiekosten an den Umsatzerlösen mehr als 15 % ausmacht, gehören unter anderem die chemische Industrie, Stahlindustrie, Nichteisenmetall-Industrie, Glasindustrie, gefolgt von der Papierherstellung und der Baustoffindustrie. Aber auch eine Bäckerei wird ihre Tätigkeit als energieintensiv ansehen. Dabei liegen hier die Energiekosten im Durchschnitt lediglich bei 3 % des Umsatzes.
Die immer lauter werdenden Rufe nach Energiepreisbremse, Preisstabilität oder Senkung der Mehrwertsteuer behandeln, wenn überhaupt, nur oberflächlich das strukturelle Problem. Energiesparpotentiale und staatliche Hilfen außen vorgelassen, besteht Handlungsbedarf für den einzelnen Unternehmer. Der erste Trend zeigt, dass das Niedrigwasser der Insolvenzen verlassen wird und der deutschen Wirtschaft die lange prognostizierte Insolvenzwelle ins Haus steht: Allein im Januar und Februar dieses Jahres wurde ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen von 4,2 % verzeichnet. Die aktuellen, wesentlichen Preissteigerungen schlagen sich hier jedoch noch nicht nieder. Die Effekte werden mit Verzögerung als Krisentreiber ins Kontor schlagen. Darum müssen Unternehmer noch stärker statt mehr als ohnehin die drohende Zahlungsunfähigkeit im Auge behalten. Längerfristige Planungen sollten eher steigende als stagnierende Preise berücksichtigen. Handlungsbedarf in Form von Risikofrüherkennung und -vermeidung sowie die eingehende Befassung mit den Möglichkeiten der Insolvenzinstrumente sind ebenfalls zwingend.
Monika Eckstein ist Dipl. Betriebswirtin und verantwortet in der Unternehmensberatung BURK AG die Presse- und Marketingaktivitäten von Mandaten und Netzwerkpartnern. Sie ist Spezialistin für Krisenkommunikation, zertifizierte Sanierungs- und Restrukturierungsberaterin und kennt nicht nur die mediale, sondern auch die wirtschaftliche Seite von Unternehmen gut.