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WRP 2025, I
Haucap 

Das Omnibus-Paket der EU-Kommission: Ein Schritt in die richtige Richtung

Abbildung 1

Prof. Dr. Justus Haucap

Der ehemalige Justizminister Marco Buschmann hat zum Thema Bürokratieabbau einmal ironisch bemerkt, er käme sich bei seinen Bemühungen vor wie Sisyphos. Wann immer es ihm gelinge, irgendwo Bürokratie abzubauen, stünde oben auf dem Berg Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit neuen Regulierungen. In der Tat hat ein großer Teil der Regulierungen und Berichtspflichten für Unternehmen seinen Ursprung in Brüssel. Die bisher stets wachsenden Auflagen für Unternehmen haben sich inzwischen zu einem ganz erheblichen Standortnachteil in Europa entwickelt. Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat die überbordende Bürokratie in seinem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der EU vom September 2024 als erhebliches Problem identifiziert, das europäische Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt.

Die neue EU-Kommission hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Ende ihrer Amtszeit den Aufwand für Bürokratie für Unternehmen um mindestens 25 Prozent zu verringern, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sogar um mindestens 35 Prozent. Nun hat die Kommission einen Entwurf für das erste sog. Omnibus-Paket zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht. Damit möchte die Kommission vier Gesetze des Green Deal teils weitreichend ändern. Konkret geht es um Entlastungen für Unternehmen in den folgenden Bereichen: (1) Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) und Taxonomie, (2) EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD), (3) CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und (4) Vereinfachungen bei EU-Investitionsinstrumenten.

In Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen etwa 80 Prozent der eigentlich erfassten Unternehmen doch aus dem Anwendungsbereich der CSRD herausgenommen werden. Zu Recht will sich die Kommission auf die größten Unternehmen konzentrieren, da hier in der Regel auch größere Auswirkungen auf Umwelt und Menschen zu vermuten sind. Zugleich soll die Umsetzungsfrist um zwei Jahre bis 2028 verschoben werden, sodass den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Vorbereitung bleibt. Ferner soll der Umfang der Berichterstattungspflichten reduziert werden, u. a. indem eine finanzielle Wesentlichkeitsschwelle für die Taxonomie-Berichterstattung eingeführt und die Berichtsvorlagen um rund 70 Prozent verringert werden.

Auch im Bereich der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit, der CSDDD, soll es erhebliche Vereinfachungen geben. So sollen etwa die erfassten Unternehmen nicht mehr verpflichtet werden, mögliche negative Auswirkungen entlang ihrer gesamten Lieferkette zu evaluieren, sondern nur noch in Bezug auf die eigene Tätigkeit, die von Tochterunternehmen und von direkten Geschäftspartnern. Indirekte Geschäftspartner sollen hingegen, anders als bisher, prinzipiell ausgenommen werden. Für KMU soll zudem die Informationsmenge, die von großen Unternehmen im Rahmen der Abbildung der Wertschöpfungskette angefordert werden können, reduziert werden. Zudem sollen Unternehmen auch hier mehr Zeit erhalten, um sich auf die Einhaltung der neuen Anforderungen vorzubereiten. Konkret soll die Anwendung der CSDDD für die größten Unternehmen um ein Jahr auf den 26.07.2028 verschoben werden.

Eine weitere Entlastung soll sich dadurch ergeben, dass Unternehmen die Angemessenheit und Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Reduktion negativer Auswirkungen nicht mehr alle zwölf Monate überprüfen müssen, wie dies nach der aktuellen CSDDD der Fall ist. Stattdessen müssen Unternehmen nur noch alle fünf Jahre und bei konkretem Anlass Maßnahmen ergreifen.

Schließlich soll die aktuell in der CSDDD verankerte Pflicht für Unternehmen, auch einen verpflichtenden Klimaplan aufzustellen, abgeschwächt werden. Klimapläne sollen zwar weiterhin Umsetzungsmaßnahmen enthalten, aber die tatsächliche Umsetzung soll nicht mehr explizit verpflichtend sein.

In Bezug auf den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ist u. a. geplant, kleine Importeure, vor allem KMU und Privatpersonen, von den CBAM-Verpflichtungen auszunehmen, und zugleich Vorschriften für Unternehmen, die weiterhin in den Anwendungsbereich von CBAM fallen, zu vereinfachen. Und schließlich schlägt die Europäische Kommission eine Reihe von Änderungen vor, welche die Nutzung verschiedener Investitionsprogramme vereinfachen sollen.

In der Gesamtschau sind die Vorschläge der Kommission nicht nur zu begrüßen, sondern überfällig. Europäische Unternehmen ersticken an Bürokratie und Berichtspflichten, ohne dass überhaupt klar wäre, ob die Regeln – in Addition zu anderen umwelt- und klimapolitischen Mechanismen – effektiv wirklich zusätzlich irgendetwas zur Zielerreichung beitragen. Sicher ist, dass die Regeln zahlreiche Kosten verursachen. Ob sie effektiv z. B. etwas zur CO2-Reduktion beitragen, ist angesichts des Nebeneinanders zahlreicher nicht aufeinander abgestimmter Klimaschutzinstrumente sehr zweifelhaft. Auch hat sich der von einigen herbeigesehnte „Brüssel-Effekt“, demzufolge sich Nicht-EU-Staaten an den Vorgaben der EU orientieren und eifrig die Gesetzgebung der EU imitieren, bisher nicht sichtbar manifestiert. Die Pläne der Kommission für das Omnibus-Paket sind daher ein Schritt in die richtige Richtung.

Prof. Dr. Justus Haucap, Düsseldorf

 
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