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ZFWG 2020, 405
Ruttig 

Zeit der Bewährung

Abbildung 1

Der 4. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) hat eine weitere Hürde genommen! Das Notifizierungsverfahren ist abgeschlossen. Man darf sagen, dass es erfolgreich abgeschlossen worden ist. Denn zum ersten Mal in der Historie der Glücksspielgesetzgebung hat die EU-Kommission in diesem Verfahren keine Stellungnahme abgegeben und der Bundesrepublik auch keine anderweitigen Bemerkungen übermittelt. Nach der Richtlinie (EU) 2015/1535 hätte die Kommission eine ausführliche Stellungnahme abgeben können, um darauf hinzuweisen, dass die geplante Regelung Elemente enthält, die den freien Verkehr von Dienstleistungen oder die Niederlassungsfreiheit der Betreiber im Rahmen des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten. Auch Mitgliedstaaten steht dieses Eingaberecht zu. Von der hier einzig von Malta eingegangenen Stellungnahme darf man allerdings getrost sagen, dass sie im weiteren Verfahren keine Rolle spielen wird. Dass jedoch die EU-Kommission weder eine ausführliche Stellungnahme noch Bemerkungen abgegeben hat, war so sicherlich nicht überall erwartet worden und lässt den Staatsvertragsentwurf unbelastet in die Ratifizierungsrunden der Landesparlamente gehen. Aus Brüssel werden dem Gesetz keine Steine in den Weg gelegt, so dass es jedenfalls nicht unwahrscheinlicher geworden ist, dass der Staatsvertrag kommt.

Nicht nur der 4. GlüÄndStV, sondern auch die Glücksspielanbieter selbst müssen sich aber bereits heute bewähren. Das gilt für die gesamte Branche und damit endlich auch für die Sportwettanbieter, weil der VGH Kassel am 9.10.2020 den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 1.4.2020 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung für wirkungslos erklärt hat, nachdem die Beschwerde gegen diese Entscheidung zurückgenommen worden war. Auch hier ist also jetzt der Weg in den deutschen Markt frei.

Für virtuelle Online-Automaten- und Pokerspiele haben die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien am 8.9.2020 einen Beschluss zum Glücksspiel in der Übergangsphase bis zum Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags am 1.7.2021 gefasst, mit dem vor allem die im derzeit geltenden Staatsvertrag vorgesehene Möglichkeit zur Erhöhung des anbieterbezogenen monatlichen Einsatzlimits für ausgewählte Spielerinnen und Spieler von Sportwetten konkretisiert und außerdem festgestellt wird, dass die derzeit generell verbotenen, aber voraussichtlich ab dem 1.7.2021 erlaubnisfähigen Online-Automaten- und Pokerspiele weiterhin veranstaltet werden dürfen. Entsprechende Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder wurden bereits entworfen und veröffentlicht.

Es wird sich also bereits ab Mitte Oktober zeigen, ob und wie die Glücksspielanbieter willens und in der Lage sein werden, die die Glücksspielangebote beschränkenden Spielerschutzvorschriften, an welche die Verwaltungsspitzen eine Duldung entsprechender Angebote gekoppelt haben, zu implementieren und zu beachten. Ob der neue Staatsvertrag ein Erfolg sein wird und genügend gesetzeskonforme Angebote dem Schwarzmarkt erfolgreich die Stirn bieten können, wird man also bereits lange vor dem 1.7.2021 wissen.

Die Rechtsentwicklung der vergangenen Wochen auf Ebene der Bundesländer scheint so rasant gewesen zu sein, dass der Bund mit ihr nicht Schritt halten konnte. Von einer Änderung des RennwLottG in Bezug auf die Besteuerung der neuen Angebote ist in dieser Zeit jedenfalls nichts bekannt geworden.

Prof. Dr. Markus Ruttig, Köln*

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