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ZHR 170 (2006), 607-614
Habersack 

Das MoMiG ante portas – Nachlese zum 66. DJT

I. Die wirtschaftsrechtliche Abteilung des 66. Deutschen Juristentags hat sich bekanntlich der „Reform des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes“ angenommen und – auf der Grundlage des Gutachtens von Haas1 und der Referate von Hirte, Kleindiek und J. Vetter – am 21. 9. 2006 in Stuttgart Beschlüsse gefasst, die die weitere Entwicklung des GmbH-Rechts nicht unerheblich beeinflussen dürften. Gut drei Monate zuvor hatte das Bundesministerium der Justiz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) vorgelegt,2 die Fortentwicklung hin zu einem Regierungsentwurf indes ausdrücklich und unter Hinweis unter anderem auf die anstehenden Beratungen des DJT für Ende 2006/Anfang 2007 angekündigt3 und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass es die Arbeiten am MoMiG als „work in progress“ versteht und zum – auch im Ergebnis – offenen Dialog mit den interessierten Kreisen bereit ist. Diese sehr begrüßenswerte, durch die Teilnahme der federführenden Referenten an den Beratungen noch einmal unterstrichene Bereitschaft zum Dialog hat gewiss dazu beigetragen, dass die Verhandlungen durchweg auf hohem Niveau geführt worden sind und zu beachtenswerten Beschlüssen geführt haben.4 Im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen insoweit gewiss die – jeweils mit deutlicher Mehrheit gefassten – Beschlüsse, denen zufolge die Reform des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsformen stattfinden (und damit keine neue Rechtsform nach Art der „Unternehmergesellschaft“5 geschaffen werden) und am gesetzlichen Mindestkapital in Höhe von 25000 Euro festgehalten werden soll. Aufmerksamkeit verdienen indes auch zahlreiche andere Beschlüsse, von denen im Folgenden einige wenige aufgegriffen und gewürdigt werden sollen.

II. 1. Zu berichten ist zunächst von den Beschlüssen betreffend die Kapitalaufbringung. Insoweit hat sich die wirtschaftsrechtliche Abteilung mit ganz deutlicher Mehrheit für die Beibehaltung der Pflicht zur sofortigen Aufbrin¬ZHR 170 (2006) S. 607 (608)gung zumindest eines Teils der Bareinlagen (§§ 7 Abs. 2, 57 Abs. 2 GmbHG) und der Sacheinlagen (§§ 7 Abs. 3, 57 Abs. 2 GmbHG) und für die Beibehaltung der Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlagen ausgesprochen. Beides wird insbesondere von J. Vetter anders gesehen. Seiner Ansicht nach soll die Einlage bei Bedarf geleistet und die Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage aufgegeben werden; in der Folge soll es für die Befreiung des Gesellschafters nur noch darauf ankommen, dass der Gesellschafter einen Vermögenswert im Wert seiner Einlage in die Gesellschaft eingelegt hat.6 Die Haftung des GmbH-Gesellschafters wäre hierdurch derjenigen des Kommanditisten angenähert, freilich mit der Besonderheit, dass der Kommanditist der Außenhaftung unterliegt und diese Haftung zudem in der unbeschränkten Komplementärhaftung ihre Ergänzung findet.

Die wirtschaftsrechtliche Abteilung ist dem Charme dieser Lösung zu Recht nicht erlegen. Gegen sie spricht bereits, dass das Aufschieben der Fälligkeit der Einlageschuld zu einer Verlagerung des Risikos der Insolvenz des Gesellschafters auf die GmbH führte und zudem im klaren Widerspruch zu dem auf der Ebene der Kapitalerhaltung anerkannten Verbot der Vergabe von Kredit aus gebundenem Vermögen7 stünde. Aus Sicht der Gläubiger problematisch wäre gewiss auch der Verlust an Publizität der Sacheinlage. Betroffen wären aber auch die Interessen des Inferenten, der zwar, wenn er die Sacheinlage offenlegt, immer noch der Differenzhaftung nach § 9 GmbHG unterliegen kann, insoweit aber nicht mit dem Nachweis der Vollwertigkeit seiner Einlage belastet ist.8 Demgegenüber hätte er auf der Grundlage des Altvernativmodells nachzuweisen, dass der von ihm eingebrachte Gegenstand den Betrag seiner Einlage deckt, also keine Überbewertung vorliegt. Die Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage könnte zudem ohnehin nur für das GmbH-Recht aufgegeben werden; für das Aktienrecht ist sie dagegen klar und eindeutig durch Art. 10 der Kapitalrichtlinie vorgegeben.9 Dies wiederum liefe nicht nur dem für das Recht der Kapitalgesellschaften durchaus wichtigen Denken in Institutionen10 zuwider, sondern dürfte auch im Rahmen von Umwandlungen nicht unerhebliche Probleme bereiten.

2. Ist somit die wirtschaftsrechtliche Abteilung dafür zu loben, die entsprechenden Beschlussvorschläge mit breiter Mehrheit abgelehnt zu haben, so ist ZHR 170 (2006) S. 607 (609)sie insoweit zu tadeln, als sie zwar an der Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage festhalten, die Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage indes auf die Haftung für die Differenz zwischen der übernommenen Stammeinlage und dem tatsächlichen Wert des verdeckt eingelegten Gegenstands reduziert wissen will.11 In diesem Beschluss wird man fast schon einen Fall der Perplexität erblicken müssen, entzieht doch die Reduktion der Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage auf eine bloße Differenzhaftung12 der in gleichem Atemzug befürworteten Beibehaltung der Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage zumindest im praktischen Ergebnis und vorbehaltlich gewisser Unterschiede hinsichtlich der Beweislast den Boden. Die Folge wäre nämlich, dass der Inferent jeglichen Anreiz verlöre, die – aus gutem Grund sperrigen – Vorschriften über die Sacheinlage zu beachten. Als homo oeconomicus wäre er vielmehr auch dann, wenn er eine Sacheinlage erbringen möchte, gehalten, den Weg über die Bareinlage zu gehen und es auf die Geltendmachung des Anspruchs auf die Differenz ankommen zu lassen. Ihm drohte mithin allenfalls die Gleichbehandlung mit dem rechtstreuen Sacheinleger – ein Ergebnis, das ein um Rationalität und Akzeptanz bemühter Gesetzgeber nicht ernsthaft anstreben darf. Nur am Rande sei bemerkt, dass sich Derartiges für das Aktienrecht ohnehin nicht verwirklichen ließe. Denn nach zutreffender Ansicht gebietet schon der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz des effet utile einen Schutz vor Umgehung der Vorschriften über die Sacheinlage;13 die vom DJT empfohlene Regelung wäre indes das glatte Gegenteil davon.

III. Nicht zu gefallen vermag auch der Beifall der wirtschaftsrechtlichen Abteilung zu der im MoMiG vorgesehenen Ergänzung des § 30 Abs. 1 GmbHG um eine Vorschrift, der zufolge Leistungen der Gesellschaft im Rahmen eines Cash Poolings und sonstige Vorleistungen aufgrund eines Vertrags mit einem Gesellschafter, durch die „das Stammkapital angegriffen“ wird, nicht von dem Auszahlungsverbot erfasst werden, wenn die Leistung im Interesse der Gesellschaft liegt.14 Der Entwurf zielt bekanntlich auf die Rechtsprechung des BGH,15 wonach die Hingabe eines Darlehens durch die Gesellschaft grundsätzlich auch dann gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstößt, wenn der Rückzahlungsanspruch vollwertig ist und damit bei bilanzieller Betrachtung ein bloßer Aktiventausch vorliegt. Die Argumente für und gegen eine gesetzgeberische Korrektur dieser Rechtsprechung dürften weitgehend ausgetauscht ZHR 170 (2006) S. 607 (610)sein.16 Es bleibt zu hoffen, dass der II. Zivilsenat alsbald Gelegenheit zu der Klarstellung17 findet, dass die Abkehr von der bilanziellen Betrachtungsweise und damit die Notwendigkeit eines Liquiditätsschutzes nur, dann aber auch stets veranlasst ist, soweit sich die Gesellschaft im Zeitpunkt der Auszahlung im Stadium der Unterbilanz befindet.18 Dann sollte jeder Anlass für eine systemwidrige Bereichsausnahme vom Kapitalerhaltungsgebot entfallen sein, zumal die vorgeschlagene Regelung wohl auch den Fall erfassen soll, dass eine Unterbilanz noch nicht besteht, und sich deshalb im Falle einer entsprechenden Klarstellung durch den BGH sogar als „Cash Pool-feindlich“ erweisen könnte. Bedenkt man weiter, dass die angedachte Parallelregelung im Aktienrecht (§ 57 Abs. 1 S. 2 AktG-E) gegen Art. 15 der Kapitalrichtlinie verstoßen dürfte und in der Folge wiederum eine sachwidrige Ungleichbehandlung von AG und GmbH erforderlich wäre, so kann dem Gesetzgeber insoweit nur Enthaltsamkeit angeraten werden.

IV. 1. Nicht weniger als sieben Beschlüsse betreffen die im MoMiG vorgesehene, weitestgehend auf entsprechende Empfehlungen des jüngsten Schrifttums19 zurückgehende Neuregelung des Rechts der Gesellschafterdarlehen. Diese sieht vor, die auf die entsprechende Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG gestützten Rechtsprechungsregeln „abzuschaffen“ und die Regelungsmaterie gänzlich in das Insolvenz- und Anfechtungsrecht einzustellen, freilich mit der Maßgabe, dass es künftig auf das Merkmal der Krise der Gesellschaft im Zeitpunkt der Gewährung oder des Belassens der Gesellschafterhilfe nicht mehr ankommen soll. Statt dessen sollen sämtliche Forderungen auf Rückgewähr eines Darlehens und wirtschaftlich entsprechende Forderungen20 in der Insolvenz den Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO haben und Rechtshandlungen, die in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag Sicherung oder im ZHR 170 (2006) S. 607 (611)letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag Befriedigung gewährt haben, der Insolvenzanfechtung unterliegen.21

2. Die Vorschläge zur Neuregelung des Rechts der Gesellschafterdarlehen sind vom Schrifttum zwar nicht einhellig, wohl aber ganz überwiegend begrüßt worden.22 Auch die wirtschaftsrechtliche Abteilung des DJT steht dem neuen Konzept im Grundsatz überaus aufgeschlossen gegenüber und empfiehlt nahezu einstimmig23 die Umsetzung der zentralen Eckpunkte, nämlich die „Abschaffung“ der Rechtsprechungsregeln und die Verortung der Rechtsmaterie im Insolvenz- und Anfechtungsrecht. Zu den Kernanliegen des Referentenentwurfs zählt auch der Verzicht auf das Erfordernis der Krise. Auch insoweit hat sich die wirtschaftsrechtliche Abteilung – wenn auch nur mit knapper Mehrheit – dem Konzept des BMJ angeschlossen und von der Einführung einer widerleglichen Vermutung des kapitalersetzenden Charakters des Darlehens24 abgeraten. In der Tat besteht das zentrale und nicht zuletzt unter dem Eindruck entsprechender Ansätze in anderen Mitgliedstaaten25 entwickelte Anliegen der Neukonzeption darin, die Regeln über Gesellschafterdarlehen durch Verzicht auf das Merkmal der Krise von überflüssigem und die Prozesse in die Länge ziehenden Ballast zu befreien26 und hierdurch ganz entscheidend zu vereinfachen, und zwar in einer Weise, die sowohl den Interessen der Gläubiger als auch denen der Gesellschafter hinreichend Rechnung trägt. Schon jetzt verhält es sich so, dass sich ein Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft dem Einwand des Kapitalersatzes kaum je wird entziehen können; denn mag er auch das Darlehen außerhalb der Krise gewährt haben, so hat er es doch in aller Regel nach Eintritt der Krise „stehengelassen“. Bei Lichte betrachtet dürfte die Neuregelung deshalb allenfalls denjenigen Gesellschafter, der seine fällige Forderung erfolglos geltend macht (der sich also um den Abzug der Mittel bemüht und deshalb in der Krise keine Finanzierungsentscheidung in Form des Stehenlassens trifft), gegenüber der derzeitigen Rechtslage benachteiligen.27 Vor dem Hintergrund des auch künftig ZHR 170 (2006) S. 607 (612)geltenden Kleinbeteiligungsprivilegs dürften diese Fälle indes nur von theoretischer Bedeutung sein. Dem steht der „Gewinn“ auf Seiten derjenigen Gläubiger gegenüber, die ihre Forderung vor Beginn der Anfechtungsfrist abgezogen haben (etwa auch dadurch, dass sie bei sich abzeichnender „Krise“ weitere Darlehen gewährt und so die nicht anfechtbare Rückzahlbarkeit von Altdarlehen ermöglicht haben) und die bislang mit Rückzahlungsansprüchen aus § 31 GmbHG analog rechnen müssen. Von „rechtspolitischem Wahnsinn“ kann da schwerlich die Rede sein.28

3. In der Konsequenz der Neukonzeption liegt es an sich, dass Gesellschafterdarlehen, soweit sie nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO-E nachrangig sind und deshalb die Masse nicht mehr belasten, künftig im Überschuldungsstatus generell nicht mehr zu passivieren sind.29 De lege lata bedarf es hierzu zwar eines „qualifizierten“ Rangrücktritts.30 Zurückzuführen ist dieses Erfordernis indes vor allem darauf, dass sich der kapitalersetzende Charakter eines Darlehens mit der im Rahmen des § 19 InsO gebotenen Präzision nicht feststellen lässt und deshalb die Passivierung nur unterbleiben kann, wenn der Gesellschafter den kapitalersetzenden Charakter außer Streit stellt. Genau diese Rechtssicherheit schafft nun an sich die Neuregelung: Angesichts der generellen Herabstufung sämtlicher Darlehensforderungen gilt, was der II. Zivilsenat für den Fall eines privatautonom herbeigeführten Rangrücktritts zutreffend entschieden hat, gleichermaßen, dass nämlich „keine Notwendigkeit“ besteht, „diese Forderungen in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen.“31 Vor diesem Hintergrund vermag das deutliche Mehrheitsvotum der wirtschaftsrechtlichen Abteilung, auch künftig Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus zu passivieren, sofern nicht ein qualifizierter Rangrücktritt vorliegt,32 nicht zu überzeugen. Dem Rangrücktritt kommt nach der Neukonzeption des Rechts der Gesellschafterdarlehen für den Überschuldungsstatus nur noch insoweit Bedeutung zu, als die in Frage stehende Forderung dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO-E entzogen ist, also vor allem für Forderungen von Kleingesellschaftern und für Sanierungsdarlehen. Soweit dagegen der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO-E reicht, ergibt sich die Rückstufung der Gesellschafterforderung unmittelbar aus der – auch in tatbestandlicher Hinsicht klaren – gesetzlichen Regelung. Der Rangrücktritt kann dann zwar ZHR 170 (2006) S. 607 (613)gem. § 39 Abs. 2 InsO gegebenenfalls den Nachrang der Forderung auch gegenüber den gesetzlich nachrangigen Forderungen der Mitgesellschafter begründen; dies aber ist für die Frage der Passivierungspflicht ganz und gar unerheblich. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass der Nachrang den „Beitrag“ umschreibe, „den der Gesellschafter als Ausgleich für die verursachte Gläubigerbenachteiligung zugunsten der Gläubigergesamtheit zu leisten hat“, und der nun der Gläubigergesamtheit „wieder genommen“ würde, „müsste die Verbindlichkeit nicht passiviert werden.“33 Der „Beitrag“ des Gesellschafters besteht schlicht darin, dass er in der Insolvenz seine Forderung nur mit Nachrang geltend machen – und damit im praktischen Ergebnis vollständig abschreiben – kann. Die Gesellschaft wegen solcher „Forderungen“ in die Insolvenz zu treiben, wäre bei aller Sympathie für „Insolvenzprophylaxe“ rechtlich nicht zu begründen und volkswirtschaftlich – vorsichtig formuliert – wenig hilfreich. Selbstverständlich hat es dabei zu bewenden, dass Forderungen der Gesellschaft, die erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, im Überschuldungsstatut nicht aktiviert werden dürfen; mit der Frage der Passivierung von Gesellschafterforderungen hat dies indes nichts zu tun.34

4. Vieles mehr ließe sich thematisieren, etwa die mit großer Mehrheit angenommene – und im Entwurf eines MoMiG ohnehin schon umgesetzte35 – Empfehlung, Nutzungsüberlassungen als solche künftig nicht mehr den Regeln über den Kapitalersatz zu unterstellen,36 ferner die – dem Entwurf zuwiderlaufende – Empfehlung, auch weiterhin37 zwischen AG und GmbH zu unterscheiden und für jene höhere Schwellenwerte festzusetzen,38 und die – nahezu einhellig ausgesprochene und gleichfalls dem Entwurf widersprechende – Empfehlung, das Sanierungsprivileg von dem Erfordernis des Anteilserwerbs zu befreien.39 Ungeachtet dieser und weiterer Detailfragen lässt sich je¬ZHR 170 (2006) S. 607 (614)denfalls festhalten, dass die Neuregelung des Rechts der Gesellschafterdarlehen auf gutem Weg ist.

V. Der Entwurf eines MoMiG hat durch den DJT Rückendeckung erfahren; seine geistigen Väter können sich gestärkt fühlen und an die Fortentwicklung zu einem Regierungsentwurf gehen. In Sachen Kapitalaufbringung und in der Frage der Kreditvergabe durch die Gesellschaft ist dem Gesetzgeber Enthaltsamkeit zu empfehlen; hinsichtlich des Kapitalersatzrechts sollte es im Wesentlichen bei der Konzeption des Referentenentwurfs bleiben. Ein Desiderat bildet, wie die Diskussion in Stuttgart gezeigt hat, vor allem die stärkere Einbindung der Gesellschafter in die Pflichten im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Liquidation der Gesellschaft.40 Hier wäre schon einiges gewonnen, könnten die Einfluss nehmenden Gesellschafter auch unabhängig von § 830 BGB und dem damit verbundenen doppelten Vorsatzerfordernis wegen der Teilnahme an der Insolvenzverschleppung durch den Geschäftsführer belangt werden. Doch ist dies ein eigenes, hier nicht näher zu beleuchtendes Thema.

Mathias Habersack

1

Haas, Reform des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes, Gutachten E für den 66. DJT, 2006; dazu Spindler, JZ 2006, 839ff.

2

Abrufbar unter www.bmj.de und unter www.rws-verlag.de (Volltexte vom 16. 6. 2006); dazu die Einführung von Seibert, ZIP 2006, 1157ff.

3

Seibert, ZIP 2006, 1157, 1168.

4

Die Beschlüsse sind abrufbar unter www.djt.de.

5

Dafür aber Gehb/Drange/Heckelmann, NZG 2006, 88ff. und Priester, ZIP 2006, 161 f.; hierzu und zu weiteren Vorschlägen K. Schmidt, DB 2006, 1096ff.

6

These 4 zum Referat von J. Vetter, abrufbar unter www.djt.de; siehe jetzt auch den Vorschlag einer – allerdings neben die GmbH tretenden – Kommanditgesellschaft mit beschränkter Haftung von Drygala, ZIP 2006, 1797ff.; zuvor bereits Arbeitskreis GmbH-Reform (Hueck/Lutter/Mertens/E. Rehbinder/Ulmer/Wiedemann/Zöllner), Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform, Band 1: Die Handelsgesellschaft auf Einlagen, 1971.

7

Dazu noch unter III.

8

Vgl. Ulmer in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Band 1, 2005, § 9 Rdn. 14.

9

Dazu Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2006, § 6 Rdn. 25ff. (mit Abdruck der Richtlinie in Rdn. 80).

10

Dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 49ff.

11

Zum geltenden Recht (Unwirksamkeit des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts; Fortbestand der Bareinlageschuld) s. BGHZ 155, 329, 338 f.; Ulmer (Fn. 8), § 19 Rdn. 132ff.

12

Sie wurde im Schrifttum schon wiederholt gefordert, vgl. Grunewald, FS Rowedder, 1994, S. 114ff.; Einsele, NJW 1996, 2681 ff.

13

Lutter, FS Everling, Bd. 1, 1995, S. 765, 777 ff.; Kindler, FS Boujong, 1996, S. 299, 308ff.; Habersack (Fn. 9), § 6 Rdn. 32.

14

Dazu Seibert, ZIP 2006, 1157, 1162f., aber auch Wessels, ZIP 2006, 1701, 1705f.

15

BGHZ 157, 72; s. ferner OLG München BB 2006, 286 mit Anm. Habersack/Schürnbrand.

16

Vgl. – jeweils ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einerseits Wessels, ZIP 2006, 1701, 1705 f.; Habersack/Schürnbrand, BB 2006, 288 f.; andererseits Seibert, ZIP 2006, 1157, 1162f.; Noack, DB 2006, 1475, 1481 f.; Schäfer, BB 2006, Special 7, S. 5ff.

17

Für entsprechende Interpretation von BGHZ 157, 72 namentlich Goette, ZIP 2005, 1481, 1484; ders., DStR 2006, 767, 768.

18

Grundlegend Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 335, 349, 352; sodann Schön, ZHR 159 (1995), 351, , 362; weit. Nachw. bei Habersack in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Band 2, 2006, § 30 Rdn. 48ff.

19

Huber/Habersack, BB 2006, 1ff.; dies. in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 370ff.; zuvor bereits Röhricht, ZIP 2005, 505, 512; mit ähnlicher Tendenz Altmeppen, NJW 2005, 1911, 1914; für Verzicht auf die Rechtsprechungsregeln, aber Beibehaltung des Merkmals der Krise und des Krisendarlehens Fastrich, FS Zöllner, Bd. 1, 1998, S. 143, 158; T. Bezzenberger, FS G. Bezzenberger, 2000, S. 23, 45f.; Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189, 194.

20

Der Referentenentwurf (Fn. 2) weicht insoweit ab von Huber/Habersack (Fn. 19), die sich für die Einbeziehung sämtlicher Gesellschafterforderungen gleich aus welchem Rechtsgrund in das neue Recht ausgesprochen hatten.

21

Hinzu kommt die – im Entwurf (Fn. 2) effektivierte – Gläubigeranfechtung nach dem AnfG.

22

Im Wesentlichen zustimmend Haas (Fn. 1), S. 54ff., 60 ff.; Noack, DB 2006, 1475, 1480f.; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654ff.; Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321, 1324 (die freilich für gänzliche Abschaffung plädieren); skeptisch K. Schmidt, ZIP 2006, 1925ff.; kritisch Hommelhoff in: VGR (Hrsg.), Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006, S. 115, 123ff.; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 350ff. (der vorgeschlagenen Neuregelung aber stärker zuneigend die Thesen 12 ff. zum Referat von Kleindiek, abrufbar unter www.djt.de); Spindler, JZ 2006, 839, 844 f.

23

141 Ja-Stimmen bei 3 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.

24

In diesem Sinne namentlich These 14 zum Referat von Kleindiek (Fn. 22); s. ferner Hommelhoff (Fn. 22), S. 115, 123 ff.

25

Vgl. Huber/Habersack in: Lutter (Fn. 19), S. 370, 381ff.; Haas (Fn. 1), S. 38ff.

26

Speziell hierzu Röhricht, ZIP 2005, 505, 512f.

27

Gesellschafter, die ihre Forderung aufgrund des Ausschlusses des Rechts zur außerordentlichen Kündigung nicht geltend machen können, unterliegen de lege lata zwar nicht den Regeln über den Kapitalersatz, wohl aber den Grundsätzen über den Finanzplankredit, vgl. BGHZ 142, 116ff.; Habersack (Fn. 18), §§ 32a/b Rdn. 235, 242 ff.

28

So aber Hommelhoff (Fn. 22), S. 137, 141.

29

So § 19 Abs. 2 InsO-E (Fn. 2); Huber/Habersack in: Lutter (Fn. 19), S. 409f., 413; dies., BB 2006, 1, , 6f.

30

BGHZ 146, 264, 269ff. = NZG 2001, 365 mit – hinsichtlich der Anforderungen an die Tiefe des Rangrücktritts kritischer – Anm. Habersack/Mayer; s. dazu jüngst auch K. Schmidt, FS Raupach, 2006, S. 405, 413ff.

31

BGHZ 146, 264, 271.

32

Beschluss Nr. 23 (Fn. 4); so auch Haas, NZI 2006, Editorial zu Heft 10, S. V.

33

So aber Haas (Fn. 32).

34

Näher dazu Huber/Habersack, BB 2006, 1, , 7.

35

De lege lata lässt sich die Verstrickung des Nutzungswerts (BGHZ 127, 1, 12, 14 und BGHZ 127, 17, 26) ohnehin nur aus den Rechtsprechungsregeln (sowie gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt des Finanzplankredits), nicht dagegen aus den insolvenz- und anfechtungsrechtlichen Regeln herleiten, vgl. Habersack (Fn. 18), §§ 32a/b Rdn. 129, 131, 136; ferner Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1659.

36

Beschluss Nr. 22 (Fn. 4); dazu Huber/Habersack, BB 2006, 1, , 5; dies. in: Lutter (Fn. 19), S. 370, 423 ff.; Noack, DB 2006, 1475, 1481; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1659.

37

Zur gegenwärtigen Rechtslage vgl. für die GmbH § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG, für die AG BGHZ 90, 381, 390f. = NJW 1984, 1893; BGH ZIP 2005, 1316, 1317 f.; kritisch hierzu bereits Habersack, ZHR 162 (1998), 201, , 215ff.; T. Tillmann, DStR 2005, 2128ff.; Veil, ZGR 2000, 223ff.

38

Zu den Gründen für eine Gleichbehandlung von AG und GmbH s. neben den Angaben zum Schrifttum in Fn. 37 Huber/Habersack in: Lutter (Fn. 19), S. 370, 401.

39

Beschluss Nr. 19; dagegen Noack, DB 2006, 1475, 1480f. (mit berechtigten Empfehlungen betreffend die redaktionelle Fassung des Sanierungsprivilegs); Huber/Habersack in: Lutter (Fn. 19), S. 370, 402ff.; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1658.

40

Vgl. dazu Haas (Fn. 1), S. 43ff., 82ff.

 
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