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ZHR 177 (2013), 807-818
Baums 

Weitere Reform des Schuldverschreibungsrechts!

Das 2009 in Kraft getretene Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) hat für das deutsche Anleiherecht einen neuen Rahmen geschaffen. Das Gesetz hat inzwischen – von noch zu besprechenden Ausnahmen abgesehen – seine Kapitalmarkttauglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis gestellt.1 Das ist ein erfreulicher Fortschritt im Vergleich zum Schuldverschreibungsgesetz von 1899, das weitgehend „totes Recht“ geblieben war. Die inzwischen mit dem neuen Recht gemachten Erfahrungen haben freilich – wenig verwunderlich – mehrere Anwendungsprobleme und z.T. auch dringlichen Korrekturbedarf deutlich werden lassen. Parallel dazu haben sich auf der regulatorischen Ebene, insbesondere im Zusammenhang mit der Umstrukturierung von Staatsanleihen, Entwicklungen ergeben, die bei der Fortbildung des Anleiherechts für private Emittenten berücksichtigt werden sollten.

Die Anleihefinanzierung gewinnt nicht nur für Großunternehmen stetig an Bedeutung. Gerade das Anleiherecht steht wegen des internationalen Bezugs von Emissionen in vorderster Linie des Wettbewerbs der Rechtsordnungen. Will das deutsche Recht auf Dauer in diesem Wettbewerb bestehen und sogar als Exportgut Vorbild sein, bedarf es alsbald einer weiteren Reform. Die Bundesregierung hat angekündigt, laufend zu beobachten, ob die Zwecke des neuen SchVG erreicht werden, und, soweit erforderlich, ohne Verzug Reformmaßnahmen anzugehen.2 Der Reformbedarf betrifft eine Reihe von Einzelpunkten. Die wichtigeren sollen im Folgenden jedenfalls im Überblick angesprochen werden.3

I. Anwendungsbereich des Gesetzes

1. Dringenden Korrekturbedarf hat die Entscheidung des OLG Frankfurt/Main i.S. Pfleiderer AG ausgelöst.4 Danach sollen die Gläubiger einer Altanleihe, die der Emittent mit Sitz im Ausland deutschem Recht unterstellt hatte, von den Umstrukturierungsmöglichkeiten des neuen SchVG trotz der Über¬ZHR 177 (2013) S. 807 (808)gangsbestimmung des § 24 Abs. 2 SchVG keinen Gebrauch machen können.5 Praktisch bedeutet dies, dass Umstrukturierungen nach dem SchVG künftig so lange scheitern werden, wie einschlägige Altanleihen und Neuanleihen desselben Emittenten ausstehen und von der Umstrukturierung betroffen wären. Denn die Neugläubiger werden Einbußen nicht hinnehmen, die den Altgläubigern nicht ebenfalls auferlegt werden.

Überzeugende Sachgesichtspunkte hat das OLG für seine von der nahezu einhelligen Auffassung in der Fachliteratur abweichende Ansicht nicht vorgetragen.6 Die vom OLG angeführten rechtspolitischen Bedenken gegen Entscheidungen der Gläubigermehrheit hat der Gesetzgeber gesehen und in einem bestimmten Sinne entschieden. Da Altanleihen in großem Umfang und noch für lange Zeit ausstehen werden und jedenfalls bisher gerade auch von im Ausland ansässigen Finanzierungstöchtern deutscher Konzernholdings aufgelegt worden sind, ist eine entsprechende Klarstellung dringlich. Auf eine Korrektur durch den Bundesgerichtshof oder eine abweichende Rechtsprechung anderer Obergerichte kann hier nicht gesetzt werden, da die Gerichte in Frankfurt/Main bisher für Auslandsanleihen ausschließlich zuständig sind (§ 20 Abs. 3 S. 2 SchVG), und die betreffenden Entscheidungen, die typischerweise im Freigabeverfahren ergehen (§ 20 Abs. 3 S. 4 SchVG i.V. mit § 246a AktG), nicht anfechtbar sind. Der Weg in die Insolvenz, den die Pfleiderer AG nach der Entscheidung des OLG Frankfurt einschlagen musste, mit den dadurch eröffneten Möglichkeiten der Restrukturierung,7 kann nicht der einzige Ausweg bleiben.

2. Überrascht wurde die Fachöffentlichkeit auch von dem vom Landgericht Frankfurt/Main entwickelten „Reinheitsgebot“. Nicht selten verweisen Bedingungen von Anleihen, die von Emittenten mit Sitz im Ausland begeben und deutschem Recht unterstellt sind, bezüglich einzelner abgrenzbarer Bedingungen, z.B. hinsichtlich eines Aufrechnungsverbots oder des Nachrangs der Anleiheforderung, auf das Recht des Heimatstaates des Emittenten. Das LG Frankfurt meint, dass § 1 SchVG8 die ausschließliche Geltung deutschen Rechts verlange.9

ZHR 177 (2013) S. 807 (809)

Diese Ansicht schießt über das Anliegen des SchVG weit hinaus. Die zwingenden Vorschriften der §§ 2–4 SchVG (Skripturprinzip; Transparenzgebot; kollektive Bindung) schließen nicht aus, dass die Anleihebedingungen hinsichtlich einzelner Punkte eine Teilverweisung auf ausländische Rechtsordnungen vornehmen, solange nur die Vorgaben der §§ 2–4 SchVG beachtet werden. Die weiteren Vorschriften des SchVG (§§ 5–22) sind ohnedies nur anwendbar, wenn die Anleihebedingungen ausdrücklich für deren Geltung optieren. Was diese Normen betrifft, kann sich allenfalls die Frage stellen, ob die Änderung einer auf ausländisches Recht verweisenden Klausel nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG erfolgen kann. Selbst wenn das ausgeschlossen wäre, würde dies der Anwendung des SchVG im Übrigen nicht entgegenstehen. Auch hier erscheint eine geeignete Klarstellung vonnöten.

II. AGB-Kontrolle

Das SchVG hat bewusst darauf verzichtet, zur AGB-Kontrolle von Anleihebedingungen Stellung zu nehmen. Die Begründung zum RegE des SchVG führt insoweit aus, bisher sei nicht verbindlich geklärt, ob die einschlägige EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen10 auf Anleihebedingungen anzuwenden sei.11 Die Bundesregierung werde versuchen, im Zuge der anstehenden Beratung über eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher eine entsprechende Klarstellung zu erreichen.12 Diese Klarstellung ist leider nicht erfolgt, da die ursprüngliche Absicht, auch die Klauselrichtlinie in die Verbraucherrechterichtlinie zu integrieren, aufgegeben wurde.

Der Gesetzgeber sollte daher jetzt versuchen, bei einer Novellierung des Schuldverschreibungsgesetzes auf dem bereits durch die Rechtsprechung des BGH, die h.M. in der Literatur und durch § 3 SchVG vorgezeichneten Weg fortzuschreiten und eine den Besonderheiten des Anleiherechts Rechnung tragende Regelung vorzusehen.

ZHR 177 (2013) S. 807 (810)

Dass eine Einbeziehungskontrolle (§ 305 Abs. 2 BGB) ausscheidet, ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt.13 Was die Inhaltskontrolle betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass die §§ 4 ff. SchVG bereits selbst eine Reihe von Vorgaben für die Ausgestaltung von Anleihebedingungen enthalten und insoweit einen spezialgesetzlichen Rahmen schaffen. Gesetzeskonforme Klauseln könnten allenfalls wegen intransparenter Gestaltung zu beanstanden sein (vgl. § 307 Abs. 3 BGB). Was nun die transparente Gestaltung der Anleihebedingungen angeht, enthält das SchVG selbst ein allerdings beschränktes, auf die vom Emittenten versprochene Leistung bezogenes Transparenzgebot (§ 3 SchVG), das insofern den § 307 Abs. 1 S. 2 BGB erübrigt. Bezüglich des maßgeblichen Anlegerhorizonts differenziert das Gesetz überzeugend und stellt darauf ab, ob die Schuldverschreibungen für ein breites Anlegerpublikum oder für institutionelle Investoren bestimmt sind.

Auch eine Inhaltskontrolle auf überraschende und mehrdeutige Klauseln (§ 305c BGB) erscheint als unproblematisch. Die höchstrichterliche Rechtsprechung und h.M. in der Literatur befürwortet de lege lata darüber hinaus eine weitergehende Kontrolle auf den Investor entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligende, missbräuchliche Anleihebedingungen.14 Hier sind nun allerdings die Besonderheiten des Anleiherechts zu beachten. Ein gesetzliches Leitbild für die Ausgestaltung von Anleihen (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) besteht jenseits der gesetzlich vorgesehenen Umstrukturierungsmöglichkeiten der §§ 5 ff. SchVG nicht.15 „Nachteilige“ Klauseln, die transparent gemacht und gezielt durch die vereinbarte Risikoprämie, den Emissionspreis oder kompensierende Rechte der Investoren ausgeglichen werden sollen, dürfen nicht durch eine selektive Inhaltskontrolle einzelner Klauseln ex post ausgeschaltet und so das Chancen-Risiko-Profil des Finanzinstruments verändert werden.

Daher ist bei einer Inhaltskontrolle auf der Grundlage einer entsprechend formulierten Generalklausel eine Gesamtbetrachtung geboten, die diesem Zusammenhang Rechnung trägt. Dies erfordert auch einen Verzicht auf eine selektive Prüfung einzelner Bedingungen anhand der Klauselkataloge der §§ 308, 309 BGB, ähnlich wie dies auch § 310 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB vorsehen. Es empfiehlt sich, dies in einer speziellen Vorschrift16 entweder im SchVG selbst oder, wenn auch die vom SchVG ausgenommenen Anleihen (§ 1 Abs. 2 SchVG) erfasst werden sollen, im Anschluss an § 310 Abs. 1 BGB festzulegen.

ZHR 177 (2013) S. 807 (811)

III. Anleiheübergreifende Umschuldungen

Das SchVG erlaubt nur die gesonderte Umstrukturierung von Anleihen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger der jeweils betroffenen Anleihe (§ 5 Abs. 1 S. 1 SchVG). Häufig ergibt sich aber die Notwendigkeit, alle Anleihen eines Emittenten, die unterschiedlich ausgestattet sein mögen, aufgrund eines einheitlichen Plans zu restrukturieren. Das SchVG hält hierfür, anders als das Bundesschuldenwesengesetz (BSchuWG) für die Schuldverschreibungen des Bundes17 und anders auch als z.B. das schweizerische Anleiherecht,18 nur unzureichende Abhilfe bereit.

Möglich ist zwar, anleiheübergreifende Parallelversammlungen aller Gläubiger einzuberufen,19 damit in Kenntnis des Abstimmungsergebnisses für die übrigen Anleihegläubiger entschieden werden kann. Ein Änderungsbeschluss nach § 5 Abs. 3 SchVG kann auch unter die Bedingung gestellt werden, dass auch die Gläubiger der übrigen ausstehenden Anleihen dem Restrukturierungsplan zustimmen, und der Versammlungsleiter kann angewiesen werden, den Änderungsbeschluss nicht zu vollziehen (vgl. § 21 Abs. 1 S. 2 SchVG), ehe nicht alle Umstrukturierungsbeschlüsse dem Plan entsprechend gefasst sind.

Es bleibt aber das Obstruktionsproblem oder Hold out-Problem,20 das auch von strategisch agierenden Investoren ausgenutzt werden kann.21 Die In¬ZHR 177 (2013) S. 807 (812)solvenzordnung begegnet dem Hold out-Problem mit einem Obstruktionsverbot (§ 245 InsO): Auch wenn die erforderliche Mehrheit für die Zustimmung einer Gläubigergruppe zu einem Insolvenzplan nicht erreicht worden ist, gilt deren Zustimmung als erteilt, wenn bestimmten materiellen Schutzanforderungen genügt ist, und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt hat.

Speziell für die Umstrukturierung von Schuldverschreibungen des Bundes lässt das Bundesschuldenwesengesetz seit letztem Jahr eine „anleiheübergreifende Änderung“ zu, wenn die Anleihebedingungen eine entsprechend gestaltete Umschuldungsklausel („Aggregationsklausel“) enthalten. Auch wenn die an sich für die Umstrukturierung einer einzelnen Anleihe erforderliche Mehrheit nicht erreicht ist, wird die betreffende Anleihe doch in die Umstrukturierung einbezogen, sofern eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger aller von der Umstrukturierung betroffenen Anleihen und zusätzlich eine niedrigere Mehrheit der Gläubiger jeder einzelnen von der Änderung betroffenen Anleihe erreicht ist (§ 4b Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 3 BSchuWG).22 Der Gesetzgeber sollte eine solche anleiheübergreifende Umschuldung nicht nur dem Fiskus und anderen staatlichen Emittenten, sondern auch privaten Emittenten ermöglichen.

IV. Gläubigerversammlungen

Mehrere Fragen betreffen das Abwickeln von Gläubigerversammlungen. Sie können hier nur im Überblick angedeutet werden. Es handelt sich nicht um technische Quisquilien, die so oder anders beurteilt werden mögen. Vielmehr kommt diesen Fragen erhebliche praktische Bedeutung zu, einmal wegen der typischerweise gegebenen Eilbedürftigkeit von Restrukturierungen in die Krise geratener Emissionen und zum anderen im Hinblick auf das weitgehende Anfechtungsrecht von Schuldverschreibungsgläubigern (vgl. § 20 SchVG).

1. Nach § 15 Abs. 3 S. 2 SchVG kann bei Beschlussunfähigkeit einer Gläubigerversammlung der Vorsitzende eine zweite Versammlung einberufen, für welche die Anforderungen an die Beschlussfähigkeit der ersten Versammlung nicht gelten. Das SchVG sollte statt dieser sehr zeitaufwändigen Prozedur ermöglichen, bereits mit der Einladung zur ersten Gläubigerversammlung eine „Eventualeinberufung“ einer zweiten Versammlung oder einer Abstimmung ZHR 177 (2013) S. 807 (813)ohne Versammlung (§ 18 SchVG) zu verbinden, die z.B. eine Woche nach der ersten, beschlussunfähigen Versammlung stattfinden mag.23

2. § 16 Abs. 1 SchVG formuliert in Anlehnung an das Auskunftsrecht der Aktionäre (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG) ein Auskunftsrecht der Gläubiger, unterlässt es aber, auch eine Beschränkung des Rede- und Fragerechts durch den Versammlungsleiter (vgl. § 131 Abs. 2 S. 2 AktG) vorzusehen und Auskunftsverweigerungsrechte entsprechend § 131 Abs. 3 AktG zu begründen. Da Ob und Reichweite einer analogen Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften aus Sachgründen und wegen § 5 Abs. 1 S. 2 SchVG24 zweifelhaft und umstritten sind,25 sollte dies in einer speziell auf die Verhältnisse bei Schuldverschreibungen zugeschnittenen Vorschrift korrigiert werden.

3. Mit der sog. virtuellen Gläubigerversammlung (§ 18 SchVG: „Abstimmung ohne Versammlung“) hat der Gesetzgeber des SchVG mutig Neuland betreten.26 Die Praxis hat dieses Instrument inzwischen genutzt. Dabei ist eine Reihe von Fragen aufgetreten, die bisher nicht gelöst oder durch wenig passenden Verweis auf die reale Versammlung beantwortet werden. Das gilt z.B. für die wesentliche Frage, ob auch vor der Abstimmung ohne Versammlung wie in der realen Gläubigerversammlung (vgl. § 16 SchVG) Auskünfte zu erteilen sind.27 Dieses Instrument sollte sachentsprechend weiterentwickelt werden; Einzelheiten dazu sind an dieser Stelle nicht auszubreiten.

4. Das Publikationsregime bedarf der Überprüfung. Der Emittent hat nach § 17 Abs. 1 SchVG die Beschlüsse der Gläubigerversammlung in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen. Das gilt unabhängig davon, ob die Beschlüsse in der Urkunde „vollzogen“ und damit wirksam sind (§ 21 i.V. mit § 2 S. 3 SchVG) oder nicht. An diesem Vollzug kann es nun aber vorübergehend oder dauernd fehlen, z.B. weil der Beschluss der Gläubigerversammlung angefochten und eine gerichtliche Freigabe (noch) nicht erwirkt worden ist (§ 20 Abs. 3 S. 4 SchVG), oder weil der Emittent der beschlossenen Änderung der Anleihebedingungen nicht zugestimmt hat, oder weil die beschlossene ZHR 177 (2013) S. 807 (814)Änderung aus anderen Gründen der betreffenden Urkunde (noch) nicht beigefügt ist (vgl. § 21 SchVG). Das SchVG lässt den Investor aber im Unklaren darüber, ob der Beschluss der Gläubigerversammlung vollzogen und daher wirksam ist oder nicht, denn eine Veröffentlichung hierzu ist nicht vorgesehen.28

Dieses von der gesellschaftsrechtlichen Regelung für satzungsändernde Beschlüsse (vgl. §§ 181 Abs. 3 AktG; 53 Abs. 3 GmbHG; 10 HGB29) abweichende Publikationsregime erklärt sich wohl daraus, dass auch die Anleihegläubiger, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben, über die gefassten Beschlüsse informiert werden sollen, um notfalls rechtzeitig ihre Rechte wahren und Anfechtungsklage erheben zu können. Jedenfalls knüpft § 20 Abs. 3 S. 1 SchVG den Beginn der Anfechtungsfrist an die Bekanntmachung des Beschlusses an. Dieser – gleichfalls von der Regelung des Kapitalgesellschaftsrechts abweichenden – Fürsorge des Gesetzgebers bedarf es an sich kaum, da der Investor bereits durch die Bekanntmachung der Einberufung und der Tagesordnung darüber informiert wird, zu welchen Gegenständen der Tagesordnung Beschlüsse gefasst werden können (§ 12 Abs. 3 i.V. mit § 13 Abs. 2 SchVG); dann steht es ihm frei, an der Versammlung und der Debatte teilzunehmen, seine Rechte zunächst durch Abstimmung zur Geltung zu bringen und so auch vom Beschlussergebnis Kenntnis zu erlangen.30

Beurteilt man dies anders, sollten die Investoren unverzüglich nach der Gläubigerversammlung über die gefassten Beschlüsse informiert werden, und zwar, wie über die Details der Einberufung und der Tagesordnung, im Internet unter der Adresse des Emittenten (vgl. § 12 Abs. 3 SchVG). Der Vollzug der Änderung der Anleihebedingungen und damit das Wirksamwerden der beschlossenen Änderung sollte dann aber den Investoren gleichfalls mitgeteilt werden. Der Publikation bedarf des Weiteren auch ein Urteil, das einen wirksam gewordenen Beschluss der Gläubigerversammlung aufhebt; auch insoweit sieht das SchVG bisher keine Information der am Prozess nicht beteiligten Gläubiger vor.31

ZHR 177 (2013) S. 807 (815)

V. Rechtsschutz gegen Mehrheitsbeschlüsse

An dieser Stelle geht es nicht darum, technische Vorschläge im Detail vorzustellen und zu begründen, sondern soll nochmals die bereits vor Einführung des geltenden SchVG erörterte Grundsatzfrage nach dem angemessenen, auf die Verhältnisse des Anleiherechts abgestellte Form des Rechtsschutzes des Anleihegläubigers gegen gesetz- oder vertragswidrige Mehrheitsbeschlüsse gestellt werden.

Der Rechtsschutz überstimmter Gläubiger gegen Mehrheitsbeschlüsse ist dem Aktienrecht nachgebildet (§ 20 SchVG). Die Anfechtungsklage schließt überzeugend aus, dass Beschlussmängel von jedermann, unbefristet und auch außerprozessual geltend gemacht werden können. Technisch wird das durch das Klageerfordernis (§ 20 Abs. 1 S. 1 SchVG) und die Klagebefristung (§ 20 Abs. 3 SchVG) sichergestellt; hieran ist jedenfalls im Prinzip festzuhalten. Überdacht werden sollte aber das Ziel der Beschlussmängelklage.32

Ziel der Anfechtungsklage ist die Kassation des angefochtenen Beschlusses (vgl. § 248 Abs. 1 S. 1 AktG). Dieses Klageziel soll im Aktienrecht zwei unterschiedlichen Zwecken dienen: Der Aktionär wehrt dadurch einen Eingriff in seine Mitgliedschaft durch Mehrheitsbeschluss ab („individualrechtlicher Schutzzweck“ der Anfechtungsklage). Zugleich setzt der Aktionär als Funktionär oder Kontrollorgan mit Hilfe der Beschlussmängelklage Gesetz und Gesellschaftsverfassung in einem auf Dauer angelegten Verband durch („kollektivrechtlicher Schutzzweck“).33

Im Anleiherecht liegen die Dinge anders. Jedenfalls hier bedarf es keiner Funktionärsklage Einzelner zwecks Durchsetzung von Gesetz und vertraglichen Vereinbarungen in einem auf Dauer angelegten Verband. Auch genügt die Kassation des Beschlusses weder den berechtigten Interessen des anfechtenden Anleihegläubigers noch des Emittenten noch der Mehrheit der Gläubiger, die den Beschluss gefasst hat. Die Rechte von Schuldverschreibungsgläubigern erschöpfen sich in früher oder später fällig werdenden Zahlungsansprü¬ZHR 177 (2013) S. 807 (816)chen; daneben können Hilfsrechte zwecks Durchsetzens dieser Hauptansprüche sowie Zusatzrechte wie z.B. ein Wandlungsrecht treten. Wird nun dem Schuldverschreibungsgläubiger, in dessen Rechtsposition gesetz- oder vertragswidrig eingegriffen werden soll, auf entsprechendes Urteil hin Wertausgleich geleistet, ist sein berechtigtes Interesse, sich gegen den gesetz- oder vertragswidrigen Beschluss zur Wehr setzen zu können, befriedigt.

Die Kassation des Beschlusses dagegen bleibt einerseits hinter diesem Ausgleich zurück, andererseits und vor allem schießt sie aber über das Ziel hinaus. Denn häufig wird sich eine Kassation nicht nur zum Nachteil des Emittenten, sondern auch aller Schuldverschreibungsgläubiger einschließlich des Klägers auswirken, nämlich wenn nach der Beendigung des Freigabeverfahrens und des Anfechtungsprozesses ein fehlerfreies Wiederholen des Gläubigerbeschlusses und damit die intendierte Restrukturierung der Anleihe(n) aus Zeitgründen nicht mehr gelingt und der Emittent insolvent wird. Die Fälle Pfleiderer und Q-Cells mahnen, dass es bei dem gegenwärtigen ausschließlich auf Kassation gerichteten Rechtsschutzsystem nicht bleiben sollte.

Ein Einwand dagegen, die Kassationswirkung der Beschlussmängelklage durch eine Verpflichtung zum Wertersatz zu ersetzen, könnte lauten, dass dann Emittent und Gläubigermehrheit keine hinreichenden Anreize mehr haben, Gesetz und Anleihebedingungen zu beachten.34 Aus diesem Grund sollten de lege ferenda für Verstöße gegen unverzichtbare Prinzipien Nichtigkeitsgründe formuliert und neben der Wertersatzklage eine Nichtigkeitsklage mit Kassationsziel vorgesehen werden.35 Bei minder gravierenden Verstößen dagegen, die auch nach geltendem Recht ohne Sanktion bleiben, wenn auf eine Anfechtungsklage verzichtet wird, genügt im Anleiherecht die Sanktion der Wertersatzpflicht zugunsten derjenigen Gläubiger, die dies einfordern.

VI. Kündigung von Schuldverschreibungen

1. Nach § 5 Abs. 5 S. 1 SchVG kann in den Anleihebedingungen bestimmt werden, dass die Kündigung von ausstehenden Schuldverschreibungen nur von mehreren Gläubigern und einheitlich erklärt werden kann („Kollektivkündigung“). Die systematische Stellung dieser Vorschrift in der für Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger angelegten Vorschrift des § 5 SchVG hat in der Praxis Zweifel aufkommen lassen, ob die Kollektivkündigung nur in Fällen vorgesehen werden kann, in denen auch Mehrheitsbeschlüsse in den Anleihebedingungen enthalten sind. Es könnte klargestellt werden, dass eine solche Einschränkung nicht beabsichtigt ist.

ZHR 177 (2013) S. 807 (817)

2. Größere Bedeutung kommt der Debatte um die Wirkung einer solchen Kollektivkündigung zu. Sehen die Anleihebedingungen eine Kollektivkündigung vor, schließen sie also eine Individualkündigung aus, darf der für die Kollektivkündigung erforderliche Mindestanteil der ausstehenden Schuldverschreibungen nicht mehr als 25% betragen (§ 25 Abs. 5 S. 1 SchVG). Die Wirkung der Kollektivkündigung entfällt nach § 25 Abs. 5 S. 2 SchVG, wenn die Gläubiger dies binnen drei Monaten mit Mehrheit beschließen, z.B. weil der Schuldner nach einer Zahlungsstockung inzwischen doch gezahlt oder Sicherheit geleistet hat.

Aus diesem Recht der Mehrheit, die Kündigung der Minderheit für unwirksam zu erklären, könnte man schließen, dass die Kollektivkündigung der Minderheit Gesamtwirkung hat, d.h. sämtliche Schuldverschreibungen der Anleihe erfasst.36 Dem steht aber die Begründung des RegE des SchVG entgegen, in der es ausdrücklich heißt: „Eine solche Kollektivkündigung (sc. der Minderheit) entfaltet ihre Wirkung nur für diejenigen Gläubiger, die ihr zugestimmt haben.“37 Gleich, wie diese Frage de lege lata zu entscheiden ist: International üblich ist und der Praxis auch staatlicher Emissionen entspricht es, der Kollektivkündigung der Minderheit Gesamtwirkung beizulegen; diese Kollektivkündigung mit Gesamtwirkung kann dann gegebenenfalls durch Mehrheitsbeschluss für unwirksam erklärt werden.38 Bei einer Änderung des SchVG sollte deshalb klargestellt werden, dass der Kollektivkündigung einer Minderheit auch Gesamtwirkung beigelegt werden kann. Klargestellt werden sollte ferner, dass das Recht der Mehrheit gemäß § 5 Abs. 5 S. 2, 3 SchVG in den Anleihebedingungen auch abbedungen werden kann.

VII. Schlussbemerkung

Die vorstehenden Bemerkungen, die sich auf die wesentlichen Punkte einer Reform des SchVG beschränken, erschöpfen das Thema der weiteren Fortentwicklung des Anleiherechts nicht. Ausgeklammert wurde etwa die Frage einer kollektiven Rechtsdurchsetzung von Anlegeransprüchen aus Schuldverschreibungen durch eine entsprechende Öffnung des KapMuG. Wenn die Umstrukturierung von Anleihen im Vorfeld einer Insolvenz des Emittenten zu einem überzeugenden Instrument der Krisenbewältigung weiterentwickelt werden soll, muss ferner die Verzahnung mit dem Kapitalgesellschaftsrecht bedacht werden. So ist bisher die für einen Debt-Equity Swap erforderliche Sachkapitalerhöhung des Aktienrechts wegen der damit verbundenen Anfechtungsrisi¬ZHR 177 (2013) S. 807 (818)ken in Eilfällen kaum nutzbar. Auch die streitige Frage der Bewertung von Schuldverschreibungen und sonstiger Verbindlichkeiten des Emittenten beim Debt-Equity Swap harrt noch einer Lösung.39 Diese Gesichtspunkte mit einzubeziehen, greift aber über die Zielsetzung dieses Editorials hinaus.

Theodor Baums

1

So die Beurteilung des großen Sachkenners H. Schneider, in: Baums (Hrsg.), Das neue Schuldverschreibungsrecht, 2013, S. 2.

2

BT-Drucks. 16/12814, S. 16.

3

Am ILF, Goethe-Universität Frankfurt, hat sich ein „Arbeitskreis Schuldverschreibungsrecht“ aus Wissenschaftlern und Praktikern gebildet, der demnächst detaillierte Vorschläge zum Thema vorlegen wird.

4

OLG Frankfurt/Main ZIP 2012, 725 ff.

5

§ 24 Abs. 2 SchVG lautet: „Gläubiger von Schuldverschreibungen, die vor dem 5. 8. 2009 ausgegeben wurden, können mit Zustimmung des Schuldners eine Änderung der Anleihebedingungen … beschließen, um von den in diesem Gesetz gewährten Wahlmöglichkeiten Gebrauch zu machen…“

6

Eingehende Kritik dazu bei Baums/Weiß (Fn. 1), S. 25 ff.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Bliesener/H. Schneider, BankrechtsKomm, 2013, S. 1219 Rdn. 6; je m.w. Nachweisen.

7

Schilderung bei Decher/Voland, ZIP 2013, 103.

8

§ 1 Abs. 1 SchVG lautet: „Dieses Gesetz gilt für nach deutschem Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungen).“

9

LG Frankfurt/Main ZIP 2011, 2306, 2307; LG Frankfurt/Main ZIP 2012, 474, 475; offengelassen bei OLG Frankfurt/Main ZIP 2012, 725, 726. Ablehnend aus der Lit. Baums/H. Schneider (Fn. 1), S. 14 ff.; Baums/Weiß (Fn. 6), S. 34 ff.; je m.w. Nachweisen.

10

RiL 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95, S. 29.

11

Das ist – trotz offenbar abweichender Beurteilung in einzelnen Mitgliedstaaten (siehe z.B. zu Großbritannien Bliesener/H. Schneider [Fn. 6], S. 1093 Fn. 30) – zweifelhaft. Im Beispielskatalog missbräuchlicher Vertragsklauseln im Anhang der Richtlinie heißt es ausdrücklich wie folgt: „c) Die Buchstaben g), j) und l) finden keine Anwendung auf … Geschäfte mit Wertpapieren, Finanzpapieren und anderen Erzeugnissen oder Dienstleistungen, bei denen der Preis von den Veränderungen einer Notierung oder eines Börsenindex oder von Kursschwankungen auf dem Kapitalmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat; …“. Die Klauselrichtlinie geht m.a.W. explizit davon aus, dass „Geschäfte mit Wertpapieren“ grundsätzlich unter die Richtlinie fallen.

12

BT-Drucks. 16/12814, S. 13, re. Sp.

13

BGHZ 163, 311 ff.

14

BGHZ 119, 305, 312, 313 ff.; BGH WM 2009, 1500 ff.; zur Lit. Nachweise bei MünchKommBGB/Habersack, Bd. 5, 5. Aufl. 2009, § 793 Rdn. 44 ff.; 48 ff.; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2010, S. 365 ff.; Friedl/Hartwig-Jacob/Hartwig-Jacob, Schuldverschreibungsgesetz, 2013, SchVG § 3 Rdn. 55 ff.

15

Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1100 Rdn. 38, 39.

16

Vgl. insoweit bereits den Diskussionsentwurf eines SchVG vom November 2004 (Zitat bei Bliesener/H. Schneider [Fn. 6], S. 1094 Fn. 32).

17

§ 4a S. 2 BSchuWG lautet: „Die Umschuldungsklauseln können auch die Möglichkeit zur einheitlichen Beschlussfassung für Schuldverschreibungen verschiedener Anleihen vorsehen (anleiheübergreifende Änderung).“ Entsprechend gilt dies für nach deutschem Recht begebene Schuldverschreibungen, deren Schuldner ein anderer Mitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets ist, und die im Übrigen dem SchVG unterfallen (§ 1 Abs. 2 S. 2 SchVG). Zur Entstehungsgeschichte Baums/Keller/Kößler (Fn. 1), S. 73 ff.

18

Art. 1171 Obligationenrecht.

19

Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1131 Rdn. 79.

20

Eingehend dazu Kenadjian, The Aggregation Clause in Euro Area Government Securities: Game Changer or Flavor of the Month? – Background and the Greek Experience, in: Bauer/Cahn/Kenadjian (eds.), Collective Action Clauses and the Restructuring of Sovereign Debt, 2013, S. 113 ff.; institutionenökonomische Betrachtung des Hold out und Hold up bei Restrukturierung von Anleihen bei Ekkenga/Schröer/Schmidtbleicher, Handbuch der AG-Finanzierung, 2013, Kap. 12, B. I. 1.

21

Siehe das von Baums/Keller/Kößler (Fn. 17) S. 82 Fn. 24 angeführte Beispiel: Der Hedgefonds H plant, sich in einen Bond mit einem Emissionsvolumen von 100 Mio. nominal einzukaufen, dessen Marktkurs derzeit bei 50 liegt. Die für eine Anpassung der Zahlungsbedingungen benötigte Mehrheit erfordert 75% der teilnehmenden Stimmrechte (§ 5 Abs. 4 S. 2 SchVG). Damit beträgt der Aufwand des H für den Erwerb der Sperrminorität von 25% plus einer Stimme max. 12,5 Mio. Da eine Änderung der Zahlungsbedingungen durch Gläubigerabstimmung gegen seinen Willen nicht möglich ist, steht der Emittent vor der Wahl eines Zahlungsverzugs mit der Folge einer Verschlechterung seines Rating, u.U. eines Cross default und damit der Insolvenz oder, sofern die Gläubiger der übrigen Anleihen gleichwohl der Restrukturierung zustimmen, der vollen Zahlung auf den von H gehaltenen Bond (eine Zahlung des Emittenten nur an H, um diesen zur Zustimmung zu bewegen, verstieße gegen § 6 Abs. 2 SchVG und wäre gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 SchVG bußgeldpflichtig). Geht die Strategie des Hedgefonds auf, hat er sein eingesetztes Kapital verdoppelt. Das Beispiel zeigt, dass insbesondere kleinere Emissionen Ziel solcher strategischer Verhaltensweisen sein können.

22

Ähnlich, wenn auch mit anderen Mehrheiten, Art. 1171 schweizerisches OR.

23

Zur Zulässigkeit von „Eventualeinberufungen“ im Vereinsrecht BGH NJW-RR 1989, 376; Sauter/Schweyer/Waldner/ders. Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rdn. 205.

24

„Die Anleihebedingungen können von den §§ 5 bis 21 zu Lasten der Gläubiger nur abweichen, soweit es in diesem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.“

25

Siehe dazu Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1178 Rdn. 4; S. 1179 Rdn. 8; Preuße/Kirchner, SchVG, Kommentar, 2011, § 16 SchVG Rz. 30 ff.; Friedl/Hartwig-Jacob/Schmidtbleicher (Fn. 14), SchVG § 16 Rdn. 10 ff.

26

Es handelt sich nicht um eine Parallele zu § 118 Abs. 1 S. 2 AktG, der eine Teilnahme an einer Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht, sondern um ein vereinfachtes Abstimmungsverfahren ohne physische Präsenz der Teilnehmer.

27

Str.; siehe einerseits (bejahend) Preuße/Kirchner (Fn. 25), § 18 SchVG Rdn. 28; Friedl/Hartwig-Jacob/Wöckener (Fn. 14), SchVG § 18 Rdn. 21; verneinend dagegen Hofmeister in: Veranneman, Schuldverschreibungsgesetz, 2010, § 18 Rdn. 15; Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1189 Rdn. 23.

28

Emittenten börsengehandelter Wertpapiere sind zwar verpflichtet, jede Änderung der Rechte der Wertpapierinhaber zu veröffentlichen (§ 30e WpHG). Diese Vorschrift ist aber in ihrem Anwendungsbereich auf Inlandsemittenten (vgl. § 2 Abs. 7 WpHG) sowie auf „zugelassene“ Wertpapiere (§ 2 Abs. 7 i.V. mit Abs. 5 WpHG) beschränkt.

29

Daneben tritt für börsennotierte Aktiengesellschaften die auf den Kapitalmarkt bezogene Informationspflicht des § 130 Abs. 6 AktG.

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Das wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn es bereits an einer ordnungsgemäßen Publikation der Einberufung fehlt, und der Gläubiger deshalb keine Kenntnis von der Versammlung und den gefassten Beschlüssen erhalten konnte. Für diesen Fall könnte z.B. eine Ausnahme vom Fristbeginn für die Anfechtungsklage vorgesehen werden, wenn der Gesetzgeber nicht in solchen Fällen überhaupt Nichtigkeit des Beschlusses vorsehen will; dazu noch unten V.

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Wenig konsistent erscheinen bisher auch die Vorgaben zum Publikationsorgan: Die Einberufung muss sowohl bei Inlands- wie bei Auslandsanleihen im Bundesanzeiger erfolgen (§ 12 Abs. 1 S. 2 SchVG), die Details der Einberufung und die Tagesordnung im Internet unter der Adresse des Emittenten (§ 13 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3 SchVG). Die Information über die Beschlussfassung muss dagegen bei Auslandsemissionen „in geeigneter Form“, bei Inlandsemissionen im Bundesanzeiger erfolgen (§ 17 Abs. 1 S. 1, 2 SchVG). Inlandsemittenten mit börsengehandelten Schuldverschreibungen wiederum wird nachgelassen, auf die Veröffentlichung gemäß § 30e WpHG in den dafür vorgesehenen Medien zu verweisen (§ 17 Abs. 1 S. 2, 2. Halbs. SchVG).

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Siehe bereits Baums, ZBB 2009 S. 1, 3 f.; dazu Horn, ZHR 173 (2009) 12, , 62 Fn. 184; Florstedt, ZIP 2012, 2286 ff.; Baums/H. Schneider (Fn. 1), S. 18 f., 21 f.; Baums/Vogel (Fn. 1), S. 39, 43 f.

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Zu diesen beiden Schutzzwecken der Beschlussmängelklage Großkommentar-AktG/K. Schmidt, 4. Aufl., 7. Bd., 2. Teil, 2013 (6. Lief. Stand 1996), § 245 Rdn. 4; eingehend Baums, Gutachten F zum 63. DJT, 2000, S. F 18 f., F 42, F 99 ff.; je m.w. Nachweisen.

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Zur Debatte de lege lata, in welchen Fällen nichtige Beschlüsse anzuerkennen sind, und wie die Nichtigkeit geltend zu machen ist (Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO? befristete Anfechtungsklage gemäß § 20 SchVG?) etwa Preuße/Vogel (Fn. 25), § 20 Rdn. 7 ff.

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So z.B. Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1129 Rdn. 73 f.; anders die überwiegende Auffassung in der Lit. (Nachweise ebda. Fn. 77) im Anschluss an die Begründung des RegE; siehe dazu die folgende Fußnote.

37

BT-Drucks. 16/12814, S. 19, li. Sp.

38

Vgl. die Nachweise bei Bliesener/H. Schneider (Fn. 6), S. 1127 f. Rdn. 66 ff.; siehe auch Hofmann/Keller, ZHR 175 (2011) 684, , 702.

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Siehe zu dieser Debatte Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.; Arnold, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 29 ff.; W. Müller, ebda., S. 835, 843 ff.; Wiedemann, ebda., S. 1387, 1391 ff.; je mit w. Nachweisen.

 
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