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ZNER 2015, 405
Becker 

Editorial

Der Aufsatzteil wartet mit drei aktuellen und wichtigen Themen auf: Walter Frenz, der im letzten Heft bereits das Fracking-Gesetz behandelt hatte, untersucht jetzt die „Durchgriffshaftung der Atomkonzerne“, also den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich“, der soeben das Bundeskabinett passiert hat. Auslöser des Gesetzes war der Plan des E.ON-Konzerns, das Unternehmen in zwei Teile aufzuspalten. Der klassische Konzern sollte – unter Führung des Vorstandsvorsitzenden Johannes Teyssen – den Aufbruch in die neue Welt wagen, also die Energiewende eines Stromkonzerns – ein spannendes Unterfangen! Das neu zu gründende Unternehmen „UniPer“ – steht für Unique Performance, der Name ging aus einer Mitarbeiterdiskussion hervor – übernimmt das klassische Kraftwerksgeschäft einschließlich der Atomverstromung, die gesamten Strom- und Gashandelsaktivitäten mit ihrem in 15 Jahren geschaffenen internationalisierten Zuschnitt. Dieser Unternehmensteil erhält auch die 14 Mrd. Euro Rückstellungen für den Atomrückbau.

Aber E.ON hatte übersehen (oder verschwiegen?), dass die Haftung der Konzernmutter für den neugegründeten Ableger nach fünf Jahren erlöschen würde. Darauf antwortet der Staat mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf, für den Gabriel die griffige Überschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ erfand.

Frenz diagnostiziert eine „Beherrschungserweiterung“ nach dem Vorbild des Bundesbodenschutzgesetzes. Er handelt – auch sehr interessant – die von den Konzernen ins Spiel gebrachte Stiftungslösung ab, die nach dem Vorbild der Ruhrkohlestiftung die Abwicklung der Atomwirtschaft übernehmen und finanzieren soll. Frenz schätzt diese „Entlastung von Verhaltenspflichten als Beihilfe“ ein.

Auch sehr interessant und umstritten ist die Planung von Windkraftanlagen in Wäldern, die den Gerichten viel Arbeit macht. Wolfgang Schrödters Aufsatz stellt – in mühevoller Kleinarbeit – die einschlägigen landesrechtlichen Normen zur Nutzung von Waldflächen für Windkraftanlagen dar, deren Anwendung wegen der Überlagerung durch das Planungsrecht besonders komplex ist und die Kommunen immer wieder vor Probleme stellt. Vorzügliches Handwerkszeug!

Im letzten Aufsatz untersuchen Verena Gerstner und Johanna Kanatschnig, Studierende der Hochschule für Öffentliche Verwaltung Kehl bei Prof. Dr. Michael Frey, „Elektromobilität als dezentrale Speichertechnologie“. Der Aufsatz liefert einen wunderbaren Überblick über das Thema – für Studierende eine großartige Leistung –, weil er zugleich die Eingliederung der E-Mobile in die Lade-Infrastruktur darstellt, vor allem die öffentliche, und zugleich die Verwendbarkeit der Autobatterien für die private Eigenversorgung und zugleich Stabilisierung öffentlicher Netze. Erwähnt werden die aktuell angebotenen technischen Lösungen, aber auch der Hamburger Modellversuch, der für die Ausschreibung öffentlicher Bauprojekte in der Hafencity anstrebt, den Anteil privater und halböffentlicher Ladestationen deutlich zu erhöhen. Der Aufsatz ist anregend: Sowohl für den privaten Nutzer, der vor dem Erwerb eines E-Mobils steht und es mit selbst erzeugten Sonnenstrom speisen will, als auch für öffentliche Planungsträger, die die Förderung der E-Mobilität als Chance für die kommunale Infrastruktur sehen.

Im Editorial muss auch die Rezension des Kommentars von Säcker zum EEG 2014 erwähnt werden, die Marcel Dalibor verfasst hat. Sie zeigt Vorteile und Grenzen eines Großkommentars auf. Aber es gibt etwas Besonderes: Der Umfang des Kommentars (fast 2.000 Seiten!) zeigt wiederum, dass die normative Verfassung der Energiewende ins Glasperlenspiel abgleitet. Der Kommentar ist daher auch ein Beispiel dafür, dass weniger mehr wäre.

Der Entscheidungsteil zeigt die vertrauten Schwerpunkte: Regulierungsrecht, insbesondere Anreizregulierung, Preisanpassungsklauseln Windenergie und Planungsrecht. Ein Fremdkörper in dieser energierechtlichen Zeitschrift ist die Entscheidung des BGH zur Tarifgestaltung bei der Lieferung von Trinkwasser, die zeigt, dass die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB inzwischen auch nach dem Trinkwasser gegriffen hat.

Peter Becker

 
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