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ZNER 2015, 5
Becker/Theobald 

Editorial

Die ZNER macht das Heft auf mit Teil 1 einer Untersuchung von Selma Konar zur Entwicklung von ACER und REMIT sowie der Umsetzung dieser Vorgaben in Deutschland durch eine Markttransparenzstelle. Der Aufsatz stellt den Aufsichtsapparat im Energiegroßhandelsmarkt vor und leistet insofern Pionierarbeit, als das komplexe Feld der Befugnisse der Kommission und ACER nach der REMIT dargestellt wird. Die Befunde: Vorgaben der REMIT sind mit Artikel 290 AEUV nicht vereinbar, die REMIT ist an einzelnen Stellen mangelhaft, ACER hat vor allem Beratungsaufgaben gegenüber der Kommission.

Deswegen ist die Bedeutung der Markttransparenzstelle sehr hoch. Daher kommt es darauf an, wie weit die Vorgaben zur Datenerhebung und zum Informationsaustausch gehen, ob die nationale Behörde auf dieser Grundlage gut arbeiten kann, und was letztlich von ACER zu erwarten ist. Das Thema wird in der zweiten Folge des Aufsatzes (ZNER 2/2015) weiter vertieft. Besonders spannend wird dabei die Frage, ob und in welchem Umfang auch Missbrauch im Bereich der erneuerbaren Energien denkbar ist. Für das Emissionhandelsystem sind Missbrauchsfälle bereits diagnostiziert. Daher ist von großer Bedeutung, welche Aufsichtsarchitektur überhaupt vorhanden ist.

Zweiter Schwerpunkt der Ausgabe ist das Thema Rekommunalisierung:

Seit vielen Jahren bilden die juristischen Auseinandersetzungen im Bereich der Strom- und Gaskonzessionsverfahren und der Netzübernahmen einen Schwerpunkt der ZNER. Wer erwartet hatte, dass es in der Folge der beiden Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofes vom 17.12.2013 betreffend die Stromnetze in Heiligenhafen und Berkenthin zu einer Beruhigung kommen würde, der sollte im Laufe des vergangenen Jahres eines Besseren belehrt werden. Neben zahlreichen Entscheidungen der Land- und Oberlandesgerichte war auch der BGH wiederholt mit dem Konzessionsrecht befasst. So konkretisierte er in der Sache Stromnetz Homberg zunächst mit überzeugenden Argumenten die Reichweite des Netzübertragungsanspruchs.

Das aktuelle Heft stellt die beiden jüngsten Urteile des BGH vor. In der Sache Stromnetz Olching (mit Besprechung von Düwel und Stasik) ging es um das Nebenleistungsverbot der Konzessionsabgabenverordnung. Während der BGH in den Grundsatzurteilen von 2013 noch vermuten ließ, alle auftretenden Fragen entscheiden zu wollen, erkennt man in dem Olching-Urteil einen Rückzug allein auf die nötigsten Streitfragen. So ließ der BGH überraschend offen, ob die unentgeltliche Unterstützung bei der Erstellung eines Energiekonzeptes eine zulässige Nebenleistung ist. In der Sache Stromnetz Wernigerode (Besprechung von Anna Sachse) ging es um den speziellen – aber keineswegs seltenen – Fall einer vorzeitigen Vertragsverlängerung, die in einem anderen Medium als dem Bundesanzeiger bekanntgemacht wurde.

Allen bisherigen Urteilen ist gemein, dass der BGH die Wirksamkeit der neu abgeschlossenen Konzessionsverträge verneint hat. Diese Strenge spiegelt sich auch in den instanzlichen Entscheidungen wieder. Dabei läuft die Rechtsprechung Gefahr, in ihrem Bestreben nach einem fairen Konzessionswettbewerb das Gegenteil des Gewollten zu erreichen. Da ein rechtssicheres Verfahren durch ständige richterrechtliche Verschärfungen kaum zu erreichen ist, werden immer mehr Gemeinden dazu neigen, den Weg des geringsten Widerstandes zu beschreiten und zugunsten der Altkonzessionäre entscheiden.

Schon oft wurde der Ruf nach dem Gesetzgeber vernommen. Zuletzt forderte im Dezember die Wirtschaftsministerkonferenz das Bundeswirtschaftsministerium auf, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Die Novellierung sollte sich keinesfalls auf die vielfach zu Recht geforderten Präklusionsvorschriften beschränken. Schon heute wird in den Konzessionsverfahren gerügt, dass sich die Balken biegen. Entscheidend wird es also darauf ankommen, ob es dem Gesetzgeber gelingt, die Handlungspflichten der Gemeinden einerseits und ihre Gestaltungsspielräume andererseits möglichst konkret zu benennen.

Nach den judikativen Einschnitten der vergangenen Jahre ist eine legislative Erweiterung der kommunalen Handlungsspielräume geboten. Die Energieversorgung ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Gemeinden benötigen ein Mindestmaß an Flexibilität und Rechtssicherheit, um dieser Aufgabe angemessen gerecht werden zu können.

Peter Becker/ Christian Theobald

 
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