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ZVglRWiss 121 (2022), 115-117
Knöfel 

Peter Mankowski 11. 10. 1966 – 10. 2. 2022
Nachruf

Peter Mankowski starb am 10. 2. 2022. Eine der wichtigsten Stimmen der Privatrechtslehre, des Internationalen Privat- und Prozessrechts und der Rechtsvergleichung in Deutschland und Europa ist für immer verstummt. Peter Mankowskis früher Tod hat die grenzüberschreitende scientific community des Internationalrechts tief erschüttert und fassungslos gemacht. Als sein Schüler blicke ich auf über zwanzig Jahre zurück, in denen ich Peter Mankowski kennen und von ihm lernen durfte.

Peter Mankowski wurde am 11. 10. 1966 in Hamburg geboren. Nach einem glänzenden Abitur am Hamburger Johanneum studierte Peter Mankowski bis 1990 in seiner Heimatstadt, der er zeitlebens eng verbunden war. Überragende Examina folgten. Als “Auslandsstationen” noch selten waren, führte sein Rechtsreferendariat ihn nach London – er sprach und schrieb Englisch wie Deutsch: leicht, mühelos, ungewählt, manchmal fast spielerisch, sachlich aber immer treffend und präzise bis ins Kleinste. 1994 wurde er von Rolf Herber mit einer Arbeit über “Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privatrecht” (1995) promoviert. Bis heute ist die Abhandlung als Brückenschlag zwischen IPR und Seerecht unübertroffen. Die staunenswerte Dokumentation von Schrifttum und Rechtsprechung des Auslands wurde schon mit der Dissertation ein Markenzeichen Peter Mankowskis. Damals knüpfte er enge Beziehungen zum Hamburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, dessen ständiger Gast er bis zu seinem Tod war. Der Zeitschriftenraum des Max-Planck-Instituts, mit der Neuausstellung frisch erschienener Rechtsliteratur aus aller Welt, war sein Reich und sein Paradies, das er einmal in der Woche aufsuchte, um sich à jour zu bringen und seine Publikationen voranzutreiben.

Peter Mankowski verbrachte seine Assistentenzeit von 1994 bis zur Habilitation bei Christian v. Bar im Jahr 2000 in Osnabrück. Seine Habilitationsschrift über “Beseitigungsrechte – Anfechtung, Widerruf und verwandte Institute” (2003) weist ihn als versierten Privatrechtsdogmatiker aus. Auf seine Zeit in Osnabrück geht natürlich auch der “v. Bar/Mankowski” zurück, das standardsetzende Lehrbuch zum Internationalen Privatrecht, das Peter Mankowski seit der 2. Auflage von 2003 (Allgemeine Lehren) und 2019 (Besonderer Teil) gemeinsam mit seinem Habilitationsvater verantwortete.

Nach der Habilitation wurde Peter Mankowski sehr rasch, schon 2001, auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung und InternationalesZVglRWiss 121 (2022) S. 115 (116) Privat- und Prozessrecht an der Universität Hamburg berufen. Wenige Monate später stellte er mich als Wissenschaftlichen Mitarbeiter und “Erstausstattung” seines Lehrstuhls ein. In den Folgejahren durfte ich Peter Mankowski als Hochschullehrer erleben, der sein Amt mit großem Geschick, Stil und enormer Sachkenntnis versah. Seine Studenten schätzten ihn sehr. Viele von ihnen führte er bis zur Promotion. Für uns Mitarbeiter war unser “Chef” immer ansprechbar. Er förderte uns, wo er konnte, riet wohlerwogen zu oder ab, half, stützte uns freundschaftlich, hielt alle zusammen und auf Kurs. In jenen glücklichen Jahren wuchs sein schier unglaubliches wissenschaftliches Werk, das heute viele Teilrechtsgebiete des Privatrechts, des Verfahrensrechts und des internationalen Einheitsrechts umschließt, besonders aber das Internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht in seiner ganzen Breite abdeckt. Peter Mankowski publizierte buchstäblich, “wo er ging und stand”. Immer, wirklich immer schrieb er an mehreren Manuskripten. Man reibt sich die Augen, wenn man sein Schriftenverzeichnis betrachtet, das sich über mehr als dreißig Jahre erstreckt. Zu den beiden Qualifikationsschriften kamen noch neun weitere Bücher, z. T. in mehreren Auflagen, 24 Herausgeberschaften, fast 60 Kommentierungen, etwa 100 Beiträge zu Sammelwerken, 340 Aufsätze, fast 40 Festschriftenbeiträge, über 600 Anmerkungen, über 200 Buchbesprechungen und weiteres mehr. Die Schaffenskraft Peter Mankowskis hatte nicht ihresgleichen. Sie wird wohl nie mehr erreicht werden.

Der Inhaltsreichtum und die Wirkkraft der Publikationen Peter Mankowskis stehen ihrer Zahl in nichts nach. Peter Mankowski ahnte vieles voraus, dachte vor, schlug erste Pflöcke ein, schuf sicheren Grund. 1999, als Digitalisierung noch Science Fiction war, schrieb er umfangreich und einsichtsvoll über “Das Internet im Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht” (RabelsZ 63 (1999), 203). Später griff er auch auf die Ökonomische Analyse des Rechts zurück, gestand ihr aber keine absolute Wertungshoheit zu, sondern lehrte, dass behavioral law and economics den Argumentationshaushalt des Rechts bereichern. Sein großer Archivaufsatz über Willenserklärungen im Lichte der Neurobiologie (AcP 211 (2011), 153) – lehrstuhlintern “Neurobio” genannt – war seinerzeit völlig neuartig und belegt, dass Peter Mankowskis Neugier nie nachließ. Die gemeinsam mit Ulrich Magnus seit 2007 herausgegebene Kommentarreihe ECPIL (European Commentaries on Private International Law) hat Neuland betreten, da sie Stimmen aus vielen verschiedenen EU-Mitgliedstaaten unter dem Dach englischsprachiger Kommentierungen versammelt, um die gemeinsamen unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts vorzustellen.

Peter Mankowski war auch ein vielseitiger Rechtsvergleicher. Mitherausgeber der Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft war er seit 2009. Für sein rechts(-kultur-)vergleichendes Werk steht heute vor allem seine große, zu seinem 50. Geburtstag erschienene Monographie “Rechtskultur” (2016), seine wohl persönlichste Arbeit. Das Buch spürt den kulturellen Fundamenten des Rechts nach, konturiert und strukturiert den amorphen Begriff “Rechtskul-ZVglRWiss 121 (2022) S. 115 (117)tur” in nie gesehener Tiefe und Breite und schlägt einen weiten Bogen von den Rechtsordnungen verschiedenster Länder hin zu allen möglichen Gegenwartsfragen. Das Werk steht schon heute “neben den klassischen Grundlagenschriften zur Rechtsvergleichung” (Jayme, RabelsZ 82 (2018) 508, 511), ist freilich fast spontan entstanden. 2008 war Peter Mankowski kurzfristig gebeten worden, in Hamburg auf einer Tagung namens “Rechtskultur in Russland – Tradition und Wandel” zu sprechen. Natürlich half er aus. Ich durfte ihn begleiten und mit ihm diskutieren, worin sich kulturelle Dispositionen des Rechts ausdrücken könnten. Aus diesen ersten Ansätzen formte er zunächst einen inhaltsreichen Aufsatz (JZ 2009, 321), später seine Monographie, die 2018 mit dem Berenberg Preis für Wissenschaftssprache ausgezeichnet wurde.

Peter Mankowski war nicht nur ein außergewöhnlicher Wissenschaftler und Hochschullehrer. Er war ein Mensch, dessen Eloquenz, Fairness, Freundlichkeit und Loyalität – und nicht zuletzt dessen Witz – uns allen fehlen wird. Peter Mankowski wurde nur 55 Jahre alt. Er wird unvergessen bleiben.

Prof. Dr. Oliver L. Knöfel, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

 
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