Compliance in der Corona-Krise
„Zuhause bleiben“, lautet die Maxime, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Viele Unternehmen stellt das vor ganz neue Herausforderungen und manche gegensteuernde Maßnahme zieht Fragen nach sich, die auch in den Bereich Compliance hineingreifen – darunter die Auswirkungen des vom Bundestag am 25. März beschlossenen Gesetzesentwurfs zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Aber auch der Umgang mit Daten der Arbeitnehmer stellt viele Unternehmen aktuell vor besondere Herausforderungen, auf die Compliance-Verantwortliche nun Antwort geben müssen. Und was ist, wenn Wettbewerber in der Krise zusammenarbeiten wollen?
Bleibt zu Hause: Diese Maxime wirft auch für Compliance-Verantwortliche viele Fragen auf.
Am 25. März hat der Bundestag die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds beschlossen. Für Aktiengesellschaften sieht der Gesetzesentwurf zahlreiche Erleichterungen von den sonst anwendbaren gesetzlichen Vorschriften vor. Dr. Richard Mayer-Uellner, Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS erläutert hierzu: „Der Gesetzgeber hat sich an den Regelungen zur Bekämpfung der Finanzkrise von 2008 orientiert, die einen Einstieg des Staates bei der Commerzbank ermöglicht hatten. Deutlich erleichtert werden beispielsweise Beschlüsse der Hauptversammlung, die für den Einstieg des Fonds notwendig sind. Sie können nur unter engen Voraussetzungen angefochten werden. Und Aktionäre, die durch ihre Stimmausübung oder unbegründete Rechtsmittel die Maßnahmen verzögern, können sich schadensersatzpflichtig machen.“
Da Dauer und Ausmaß der Corona-Krise noch völlig unklar sind, rät Mayer-Uellner, dass Unternehmen jetzt schon prüfen sollten, ob ein Einstieg des Fonds erforderlich werden könnte: „Ist der Fonds erst einmal beteiligt, kann er starken Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen. So kann er Vorgaben zur Dividendenausschüttung, zu Vergütungsbegrenzungen für die Vorstandsmitglieder oder zur Verwendung der aufgenommenen Mittel machen.“ Zumindest stehe das Versammlungsverbot der Durchführung von Hauptversammlungen bald nicht mehr im Weg. Hierzu gebe es gesetzliche Erleichterungen, die Unternehmen nutzen sollten, „um sich von ihren Aktionären ermächtigen zu lassen, für den Staatseinstieg erforderliche Kapitalmaßnahmen durchzuführen“.
Eine ganz andere Facette der Krise ist der Umgang der Unternehmen mit Arbeitnehmer-Daten. Vor allem Gesundheitsdaten stehen jetzt im Fokus. Deren Verarbeitung durch den Arbeitgeber ist nach der DSGVO untersagt, wie Dr. Jürgen Hartung und Patrick Schwarze, Rechtsanwälte der Kanzlei Oppenhoff & Partner, erläutern. Aber um eine Ansteckungsgefahr einzudämmen oder einen Test bzw. eine Behandlung einzuleiten, wird es regelmäßig auch erforderlich sein, Gesundheitsdaten zu erheben. Dass dies zulässig ist, wurde in aktuellen Stellungnahmen sowohl von den deutschen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder als auch vom europäischen Datenschutzausschuss bestätigt. Im Fall der Corona-Pandemie ist dies auch nach § 26 III BDSG, Art. 9 II b) DSGVO (Verarbeitung für Zwecke der Gesundheitsvorsorge) möglich, z.B. um einen konkreten Infektionsverdacht festzustellen. Hartung und Schwarze erklären, dass es demnach möglich ist, zum Beispiel Urlaubsrückkehrer nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet oder nach einem Kontakt mit nachweislich Infizierten zu befragen. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde in Rheinland-Pfalz soll es aber nicht zulässig sein, die Messung der Körpertemperatur der Arbeitnehmer als Voraussetzung für das Betreten der Räumlichkeiten des Unternehmens zu verlangen.
Eine für viele Unternehmen vollkommen neue Situation dürfte auch das Arbeiten im Home-Office sein. Natürlich legt die Corona-Krise keine neuen oder anderen Anforderungen an die Arbeit von zu Hause an, ratsam sei aber, dass Arbeitgeber ein schriftliches Konzept für den Umgang mit Daten im Home-Office bekannt machen. Darin sollte geregelt werden, an welche Stelle sich der Mitarbeiter bei Datenverlust unverzüglich zu wenden hat, empfehlen Hartung und Schwarze.
Die Not, in die die Corona-Krise die Wirtschaft stürzt, macht so manches Unternehmen erfinderisch. Dazu gehören auch Überlegungen mit einem Wettbewerber zusammenzuarbeiten. Das Kartellrecht lässt hier grundsätzlich nicht viel Spielraum, doch in Notlagen kann es durchaus zulässig sein, dass Wettbewerber in begrenztem Umfang zusammenarbeiten, wie die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH feststellt. Am 23. März haben die Kartellbehörden des European Competition Network (ECN) in einer gemeinsamen Erklärung angekündigt, derzeit keine Kooperationen zwischen Unternehmen kartellrechtlich zu verfolgen, die temporär begrenzt und notwendig sind, um negative Auswirkungen auf die Bevölkerung abzuwenden und die Versorgung sicherzustellen. Dennoch bleibe es bei der Maxime, dass wettbewerbsbeschränkendes Verhalten auch im Krisenfall weiterhin den kartellrechtlichen Verbotsregeln unterliegt und die Behörden in eine Nachbetrachtung und Aufbereitung des Marktverhaltens einzelner Unternehmen und Branchen gehen werden. Insbesondere gegen unzulässige Preisabsprachen und Preistreiberei werde mit aller Härte vorgegangen.
Christina Kahlen-Pappas
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