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CNL 2024, 12
 

DSGVO: Eine Entschuldigung kann ausreichen

Mit Urteil vom 4. Oktober 2024 (AZ.: C-507/23) hat der EuGH auf ein Vorabentscheidungsersuchen zu Art. 82 Abs. 1 DSGVO entschieden, dass eine Entschuldigung einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage dieser Bestimmung darstellen kann. Das gelte insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Lage vor dem Eintritt des Schadens wiederherzustellen, sofern diese Form des Schadenersatzes geeignet ist, den der betroffenen Person entstandenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen.

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Sorry: Manchmal reicht eine aufrichtige Entschuldigung – auch als Schadensersatz nach der DSGVO.

Das Urteil des EuGH erging im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem Journalisten in Lettland, der für Fachkenntnisse im Automobilbereich bekannt ist, und einer lettischen Verbraucherschutzbehörde (im Folgenden: PTAC). Der Journalist verlangte im Ausgangsverfahren Ersatz des immateriellen Schadens, den er nach eigener Aussage dadurch erlitt, dass das PTAC einige seiner personenbezogenen Daten ohne seine Zustimmung verarbeitet habe.

Im Rahmen einer Kampagne zur Sensibilisierung der Verbraucher für die Risiken beim Kauf eines Gebrauchtwagens verbreitete das PTAC auf mehreren Websites eine Videosequenz, in der unter anderem eine Person zu sehen war, die den Journalisten imitierte, ohne dass dieser dem zugestimmt hätte. Obwohl der Journalist der Anfertigung und Verbreitung dieser Videosequenz widersprach, blieb sie online verfügbar. Zudem lehnte das PTAC seine ausdrücklichen Forderungen nach Beendigung der Verbreitung und Schadenersatz wegen Rufschädigung ab.

Der Journalist rief daraufhin das zuständige Bezirksverwaltungsgericht an und beantragte, festzustellen, dass die Handlungen des PTAC, die darin bestanden, seine personenbezogenen Daten ohne seine Zustimmung zu verwenden und zu verbreiten, rechtswidrig waren, und ihm Ersatz seines immateriellen Schadens in Form einer Entschuldigung und einer Entschädigung in Höhe von 2.000 EUR zuzusprechen. Das Gericht erklärte diese Handlungen für rechtswidrig und gab dem PTAC auf, sie zu unterlassen, sich öffentlich beim Kläger des Ausgangsverfahrens zu entschuldigen und ihm eine Entschädigung in Höhe von 100 EUR für den ihm entstandenen immateriellen Schaden zu leisten.

In der Berufungsinstanz wurde die Rechtswidrigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch das PTAC bestätigt und angeordnet eine Entschuldigung auf den Websites zu veröffentlichen, auf denen die Videosequenz verbreitet worden war. Den Antrag auf finanzielle Entschädigung für den dem Journalisten entstandenen immateriellen Schaden wies das Gericht hingegen zurück.

Daraufhin wendete sich der Journalist vor dem Obersten Gericht Lettlands dagegen, dass die finanzielle Entschädigung für seinen immateriellen Schaden abgelehnt wurde.

Das Oberste Gericht legte dem EuGH unter anderem die Frage vor, ob Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass eine Entschuldigung einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage dieser Bestimmung darstellen kann, insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Lage vor dem Eintritt des Schadens wiederherzustellen.

Der EuGH stellt nochmals klar, dass die DSGVO keine Bestimmung enthält, die Regeln für die Bemessung des Schadenersatzes festlegt, der aufgrund des in Art. 82 dieser Verordnung verankerten Schadenersatzanspruchs geschuldet wird. Die nationalen Gerichte haben zu diesem Zweck die innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über den Umfang der finanziellen Entschädigung anzuwenden. Die ausschließlich ausgleichende Funktion des in Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Schadenersatzanspruchs bedinge, dass die Kriterien für die Bemessung des nach diesem Artikel geschuldeten Schadenersatzes innerhalb der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten festzulegen sind, wobei ein solcher Schadenersatz vollständig und wirksam sein muss, ohne dass ein solcher vollumfänglicher Ausgleich die Verhängung von Strafschadenersatz erfordere. Darum könne ein nationales Gericht – bei fehlender Schwere des der betroffenen Person entstandenen Schadens – diesen ausgleichen, indem es dieser Person einen geringfügigen Schadenersatz zuspricht, sofern die geringe Höhe des gewährten Schadenersatzes geeignet ist, den Schaden in vollem Umfang auszugleichen; was wiederum Sache des nationalen Gerichts, dies zu prüfen.

Art. 82 Abs. 1 DSGVO verwehre es auch nicht, dass eine Entschuldigung einen eigenständigen oder ergänzenden Ersatz eines immateriellen Schadens darstellen kann, sofern dadurch der immaterielle Schaden, der durch den Verstoß gegen diese Verordnung konkret entstanden ist, in vollem Umfang ausgeglichen werden kann.

chk

CNL 2024 S. 12 (13)

Abbildung 16

 
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