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CNL 2020, 2
 

Hawala-Banking im Fokus

Ende 2019 hat das Hawala-Banking in Deutschland Schlagzeilen gemacht, als das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen eine vermutlich international agierende kriminelle Vereinigung vorgegangen waren. 27 Beschuldigte sollen im großen Stil Bargeld aus Deutschland ins Ausland transferiert und so eine Gesamtsumme von mehr als 200 Millionen Euro verschoben haben. Grund genug einen genaueren Blick auf diese Art des Bankings zu werfen.

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Großrazzia gegen Hawala-Banking: Ende 2019 sicherte die Polizei in NRW kistenweise Beweise – hier bei einem Juwelier in Duisburg.

Bisher schien das sogenannte Hawala-Banking nur für wenig öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Doch spätestens seit der großangelegten Razzia Ende 2019 hat sich das geändert. „Hawala-Banking zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass mit diesem System informell und ohne Mitwirkung von Banken transferiert werden kann. Das ist immer dann von Vorteil, wenn – wie zum Beispiel in Somalia – kein „traditionelles“ Bankensystem besteht“, beschreiben RA Dr. Dr. Fabian Teichmann, LL.M., und Marie-Christin Falker in einem aktuellen Fachbeitrag im Compliance-Berater (Ausgabe 1-2/2020, Seite 30).

„Über eine Million Somalier leben derzeit im Ausland und senden regelmäßig Geld an daheimgebliebene Familienangehörige. Diese Heimatüberweisungen machen doppelt so viel aus wie humanitäre Hilfe an Somalia. Da das Land sich seit 25 Jahren im Bürgerkrieg befindet, gibt es keine Geschäftsbanken. Daher sind Somalier auf Untergrund-Zahlungssysteme wie Hawala angewiesen“, erklären Teichmann und Falker. Auch andere Länder wie der Iran, Pakistan, Kuwait, Jemen oder Indien machen Gebrauch von Hawala-Banking. Tatsächlich sei Hawala manchmal die einzige Möglichkeit, Gelder verlässlich zu übertragen. „Selbst die Vereinten Nationen und Firmen wie beispielsweise Siemens mussten schon auf diese Art des Bargeld-Transfers zurückgreifen“, so Teichmann und Falker.

Aufgrund der fehlenden Identifikationspflicht und des nicht vorhandenen Paper Trails sei Hawala allerdings auch äußerst beliebt bei Geldwäschern und Terrorismusfinanzierern: „Es ist nachgewiesen, dass das Geld, das al-Quaida 1998 nutzte, um Anschläge in den US-Botschaften in Kenia und Tansania zu verüben, über eine Hawala-Stelle in Nairobi aus Kuwait und Jemen überwiesen wurde.“ Außerdem werde Hawala nachweislich von militanten Kaschmir-Rebellen in Indien, pakistanischen Heroinhändlern und Waffenschmugglern und Menschenschmugglern verwendet. Auch der Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris wurde nach Angaben der Täter von einer al-Quaida Zelle im Jemen finanziert, listen Teichmann und Falker auf.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 19/16156) im Bundestag heißt es, dass der Bundesregierung über den Verbreitungsgrad der illegal tätigen Hawala-Anbieter in Deutschland keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen, da diese Systeme an den staatlich regulierten Aufsichtsmechanismen vorbei agieren. Die BaFin gehe zwar in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden und dem Bundesamt für Verfassungsschutz gegen die Tätigkeit der Geldtransfersysteme vor. Hieraus ließen sich jedoch keine über den jeweils konkreten Einzelfall belastbaren Aussagen über die Verbreitung der informellen Geldtransfers ableiten. Das gelte auch für den Umfang der Nutzung derartiger Systeme und die möglicherweise dabei bewegten Summen.

Im Rahmen der vom BMF im Oktober 2019 veröffentlichten Nationalen Risikoanalyse sei von beteiligten Sicherheitsbehörden eine Schätzung vorgenommen worden, dass über solche Systeme jährlich weltweit ca. 200 Mrd. US-Dollar transferiert würden. Die Mitgliedstaaten der Financial Action Task Force (FATF) seien dazu verpflichtet, Anbieter von Finanztransferdienstleistungen entweder einer Genehmigungs- oder aber einer Registrierungspflicht sowie einer Beaufsichtigung zu unterwerfen, die die Einhaltung der Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherstellt. Zielsetzung sei, unregulierte und unbeaufsichtigte Finanztransfergeschäfte wie das Hawala-Banking zu unterbinden.

chk

So funktioniert Hawala-Banking

„Hawala“ ist arabisch und bedeutet wechseln. Es wird meist in Ländern verwendet, in denen Menschen nicht sesshaft leben oder es kein funktionierendes Bankensystem gibt. Außer einem Telefon und einer Mittelsperson werden keine Hilfsmittel benötigt, um Geld zu transferieren. Hawala-Banker sind häufig bei Einzelhändlern zu finden, die den Service nebenerwerblich anbieten. Für das Hawala-Banking bringt der Einzahler das Geld in bar zu einem Hawala-Banker (auch Hawaladar genannt). Dieser nimmt das Geld entgegen und überreicht der Person einen Zettel mit einem Zahlencode, den diese dann dem Empfänger im anderen Land telefonisch mitteilt. Der Hawaladar informiert ebenfalls telefonisch einen Hawala-Banker im betreffenden Land. Anschließend können die Empfänger das Geld nach Nennung des Codes in ihrer Heimat entgegennehmen. Die Hawaladare berechnen eine Provision und verrechnen die Summe untereinander in Form von darauffolgenden Transfers oder Import-Export-Geschäften. Ein physischer Austausch der Gelder findet nicht statt.

(Quelle: Teichmann, Falker, CB 1-2/2020)

CNL 2020 S. 2 (3)

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