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CNL 2024, 4
Federmann/Pruksch/Modrzyk/Bernheim 

Hinweisgeberschutz in Deutschland – Teil 2

Teil 2 der mehrteiligen Beitragsreihe über den Hinweisgeberschutz in Deutschland befasst sich mit den wichtigsten Eckpunkten des Hinweisgeberschutzgesetzes, darunter der Meldekanal, der erfasste Personenkreis und die erfassten Meldungen. Teil 3 der Reihe wird den Schutz vor Repressalien und die Einbindung des Betriebsrats thematisieren.

Abbildung 3

„Hinweisgebende Person“: Ist jeder, der im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Verstöße meldet.

Kernelement des HinSchG für Unternehmen ist die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Unternehmen mit regelmäßig 50 oder mehr Beschäftigten sind zur Einrichtung und zum Betrieb einer solchen Meldestelle verpflichtet (§ 12 Abs. 1 S. 1, 2 HinSchG). Für Unternehmen aus der Finanz- und Versicherungsbranche gilt die Pflicht zum Betrieb einer internen Meldestelle unabhängig von der Zahl der Beschäftigten (§ 12 Abs. 3 HinSchG). Für die Bestimmung der Anzahl an Beschäftigten ist die Kopfzahl der beschäftigten Personen entscheidend, unabhängig von ihrem Tätigkeitsumfang – es kommt also nicht auf Vollzeitäquivalente an. Die Kopfzählung wird nicht zu einem bestimmten Stichtag vorgenommen, sondern maßgeblich ist die Beschäftigungslage, wie sie sich in einem Rückblick auf die bisherige personelle Stärke mitsamt einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung darstellt.

Kleine Unternehmen mit regelmäßig 50 bis 249 Beschäftigten sind – ohne dass sie konzernrechtlich miteinander verbunden sein müssten – berechtigt, eine gemeinsame interne Meldestelle zu betreiben (§ 14 Abs. 2 S. 1 HinSchG).

Alle Unternehmen, die vom Anwendungsbereich des HinSchG erfasst werden, müssen mittlerweile eine interne Meldestelle eingerichtet haben. Betroffene Unternehmen, die bisher immer noch kein internes Hinweisgebersystem installiert haben, ist zu raten, dies unverzüglich nachzuholen. Wird die Pflicht zum Betrieb einer internen Meldestelle verletzt, kann dies – gegebenenfalls mehrfach – mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geahndet werden (§ 40 Abs. 2 Nr. 2, 6 HinSchG), bis eine solche interne Meldestelle ordnungsgemäß eingerichtet wurde.

Geschützt sind durch das Gesetz „hinweisgebende Personen“ – so nennt das HinSchG alle natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer solchen Informationen über Verstöße erlangt haben und an die Meldestellen melden (§ 1 Abs. 1 HinSchG). Unerheblich ist, ob die Person entgeltlich beschäftigt wird, ob sie im In- oder Ausland tätig ist oder welche Stellung sie im Unternehmen hat. Auch Praktikanten, die ein unentgeltliches Praktikum absolvieren, sind vom gesetzlichen Schutz erfasst, ebenso wie Organmitglieder wie z.B. Geschäftsführer, Vorstände oder Aufsichtsratsmitglieder. Neben Beschäftigten können sich auch Leiharbeitnehmer an interne Meldestellen wenden (§ 16 Abs. 1 S. 1 HinSchG).

Im Vordergrund des gesetzlichen Schutzes stehen Meldungen über Verstöße, die strafbewehrt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HinSchG), aber auch Ordnungswidrigkeiten, sofern die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leib und Leben und allgemein dem Schutz der Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG). Hierunter fallen alle Vorschriften des individuellen Arbeitsrechts, aber auch Vorschriften des kollektiven Arbeitsrechts. Hingegen werden Verstöße gegen Betriebsvereinbarungen oder unternehmensintern geltende Compliance-Regelungen nicht erfasst. Unerheblich ist, welcher Personenkreis durch die Straf- oder Bußgeldnormen geschützt werden soll.

Daneben schützt das Gesetz auch Meldungen über Verstöße gegen Vorschriften, die bestimmten Schutzgütern dienen, so etwa dem Umweltschutz, der öffentlichen Gesundheit, dem Verbraucherschutz und der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HinSchG).

Erfasst sind darüber hinaus Meldungen über Verstöße gegen eine Vielzahl weiterer nationaler und EU-weiter Vorschriften, die zum sachlichen Anwendungsbereich des HinSchG gehören.

RA Dr. Bernd Federmann, LL.M., RA/FAArbR Andreas Pruksch, RA Gracjan Modrzyk und RAin Dr. Patricia Bernheim, Rechtsanwälte bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Teil 3 des Beitrags erscheint im neuen Jahr in der Februar-Ausgabe von Compliance und befasst sich mit dem Hauptbestandteil des Gesetzes: dem Schutz vor Repressalien. Außerdem beleuchten die Autoren die Einbindung des Betriebsrats. Teil 1 der Reihe erschien in der November-Ausgabe 2024

 
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