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CNL 2023, 12
 

OLG Düsseldorf zu Haftung für Geldbußen

Das OLG Düsseldorf hat am 27. Juli 2023 (Az.: VI-6 U 1/22 (Kart)) entschieden, dass Vorstand und Geschäftsführer nicht persönlich für Geldbußen eines Unternehmens haften.

Der Beklagte war Geschäftsführer der klagenden GmbH und Vorstandsvorsitzender der klagenden AG, zweier miteinander verbundener Edelstahlunternehmen. In diesen Funktionen hatte der Beklagte in der Zeit von Juli 2002 bis Ende 2015 regelmäßig an dem Austausch wettbewerblich sensibler Informationen teilgenommen. Das Bundeskartellamt hatte in dem anschließenden Bußgeldverfahren gegen zehn Edelstahlunternehmen, zwei Branchenverbände und siebzehn verantwortliche Personen – darunter den Beklagten – Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 355 Mio. EUR verhängt. Gegen die GmbH hatte das Bundeskartellamt ein Bußgeld in Höhe von 4,1 Mio. EUR und gegen den Beklagten persönlich ein weiteres Bußgeld festgesetzt. Gegen die AG wurde im Hinblick auf das Bußgeld gegen die GmbH kein Bußgeld festgesetzt.

Die klagende GmbH forderte von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe des gegen das Unternehmen festgesetzten Bußgeldes. Die klagende AG verlangte Erstattung der Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von mehr als einer Mio. EUR. Darüber hinaus begehrten beide Klägerinnen die Feststellung, dass der Beklagte für alle aus dem Kartell resultierenden Zukunftsschäden hafte.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2021 hatte das LG Düsseldorf (Az.: 37 O 66/20 (Kart)) die Klage hinsichtlich des Unternehmens-Bußgeldes sowie der geltend gemachten Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Im Übrigen hatte das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen Schadensersatz für alle weiteren Zukunftsschäden zu leisten, die aus dem Wettbewerbsverstoß resultierten.

Das OLG Düsseldorf hat das landgerichtliche Urteil bestätigt. Der Senat geht davon aus, dass der Beklagte vorsätzlich an dem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch mitgewirkt habe. Das Landgericht habe zutreffend entschieden, dass hinsichtlich des gegen die GmbH festgesetzten Bußgeldes kein Regress gegen den Beklagten in Betracht komme. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers und des Vorstandes, hier des Beklagten, für Kartellbußen eines Unternehmens scheide aus. Andernfalls werde die kartellrechtliche Wertung unterlaufen, wonach – wie vorliegend – getrennte Bußgelder gegen die handelnde Person und das Unternehmen selbst festgesetzt werden. Durch den Rückgriff auf den Geschäftsführer bestehe darüber hinaus die Gefahr, dass der Sanktionszweck eines Unternehmensbußgeldes gefährdet werde. Da die Aufklärungs- und Verteidigerkosten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bußgeldverfahren gegen das Unternehmen vor dem Bundeskartellamt stünden, könnten diese Kosten ebenfalls nicht erstattet verlangt werden. Es bleibe mithin eine Haftung des Geschäftsführers und Vorstandes für zivilrechtliche Ansprüche Dritter, die aufgrund des Kartells geschädigt worden seien.

chk

 
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