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SRNL 2024, 16
 

Einkommensteuer als Masseschuld: Belastung der Masse ohne Gegenwert!

Abbildung 15

Im Zweifel Masseschulden! Nichts Neues vom BFH

Mit Urteil vom 14.12.2022 X R 9/20 entschied der Bundesfinanzhof über die Einkommensteuer als Masseschuld im Falle der Verwertung von beweglichen Betriebsvermögen, die durch den absonderungsberechtigten Gläubiger übertragen wurden.

Die wesentlichen Eckpunkte der Entscheidung sind.

  • Wenn der Insolvenzverwalter dem absonderungsberechtigten Gläubiger die Verwertung des zur Masse gehörenden beweglichen Betriebsvermögens gestattet und anschließend aus deren Verkauf aufgrund der Aufdeckung stiller Reserven ein Gewinn erzielt wird, ist die darauf entfallende Einkommensteuer eine Masseschuld „auf andere Weise“ durch die Verwertung der Insolvenzmasse.

  • Durch die Gestattung der Verwertung (allein) kommt es zu keiner echten Freigabe und somit auch nicht zu einer Entlassung des Gegenstands aus der Insolvenzbelastung.

  • Im Klageverfahren des Insolvenzverwalters über die Qualifikation der Einkommensteuer als Masseschuld ist der Insolvenzschuldner nicht notwendigerweise gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO beizuladen.

Der Sachverhalt betraf die Insolvenz eines Einzelunternehmers, der einen metallverarbeitenden Gewerbebetrieb unterhielt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens überließ der Insolvenzverwalter der Bank die ihr sicherungsübereigneten beweglichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zur Verwertung. Das Finanzamt ermittelte aus dem Verkauf des Betriebsvermögens einen Gewinn und ordnete diesen als Masseverbindlichkeit zu, was der Insolvenzverwalter anfocht.

Die Urteilsbegründung stützt sich auf die Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten sind, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden. Das Gericht stellte fest, dass die Einkommensteuer, die auf den Gewinn aus der Veräußerung der beweglichen Wirtschaftsgüter entfällt, eine Masseverbindlichkeit darstellt, da die Gegenstände bis zur Veräußerung massezugehörig blieben und keine echte Freigabe erfolgte. Es wurde betont, dass es unerheblich sei, ob die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter selbst oder durch einen zur Verwertung befugten absonderungsberechtigten Gläubiger vorgenommen wird.

Das Urteil wurde in 2024 im BStBl veröffentlicht (BStBl 2024 II 227) d.h. es wird von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus grundsätzlich angewandt.

Die dargestellten Folgen führen zur Steuerbelastung der Masse, ohne dass ihr gleichzeitig Mittel zufließen.

Nur dann, wenn der Insolvenzverwalter die Freigabe der Gegenstände nach § 32 Abs. 3 Satz 1 InsO aus dem Masse erklärt, trifft die bei Verwertung entstehende Steuerschuld das freigegebene Vermögen des Schuldners. Dies konterkariert allerdings eine angestrebte Restschuldbefreiung des Schuldners, da die durch die Verwertung entstehende Steuerschuld als Neuforderung nicht von der Restschuldbefreiung umfasst ist.

Würde die Insolvenzanmeldung des Schuldners steuerlich gleichzeitig als Erklärung der Betriebsaufgabe gelten, würde auch die durch die Verwertung entstehende Steuerforderung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Aufgabe entstehen und damit ebenfalls als Forderung nach § 38 InsO in die Restschuldbefreiung fallen. Dies ist allerdings nicht entschieden; der BFH hat das in seinem hier besprochenen Urteil offengelassen.

Scheidet eine Freigabe des Gegenstandes aus, ließe sich die Steuerbelastung nur bei Verwertung zum Buchwert durch den Verwalter selbst vermeiden, was dem Sicherungsnehmer möglicherweise nicht die bestmögliche Befriedigung verschafft und einen weiteren Konflikt provoziert.

 
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