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SRNL 2022, 12
 

Insolvenzgeld auch für Organe einer Gesellschaft?

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 03.11.2021 – B 11 AL 4/20 R (NZA 2022, Seite 252) entschieden, dass der Kläger des Verfahrens, der als einzelberechtigter Vorstand einer AG im Handelsregister B eingetragen war, Anspruch auf Insolvenzgeld hat. Das BSG hatte in bisheriger Rechtsprechung für einen Insolvenzgeldanspruch auf einen speziellen „ar-beitsförderungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff“ abgestellt. Insoweit war der Insolvenzgeld-anspruch nur dann gegeben, wenn der Geschäftsführer einer GmbH, oder Vorstand einer AG in einem sozialrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stand. Diese Rechtsprechung hat das BSG mit der vorgenannten Entscheidung aufgegeben. Der insolvenzgeldrechtliche Arbeit-nehmerbegriff, der im Gesetz nicht definiert wird, ist somit rein arbeitsrechtlich zu verstehen. Gleichwohl wird man auch künftig berücksichtigen müssen, dass Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände einer AG regelmäßig nicht die Voraussetzungen, die eine Arbeitneh-mereigenschaft begründen, erfüllen. Wie die Entscheidung des BSG vom 03.11.2021 zeigt, ist dies wohl aber in Ausnahmefällen möglich. Entscheidend ist, ob die Organe der Gesellschaft auf der Grundlage eines Vertrages tätig werden, der den in § 611a BGB normierten Merkma-len entspricht. Hiernach ist Arbeitnehmer, wer „im Dienste eines anderen zur Leistung wei-sungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet“ ist. Das Weisungsrecht bezieht sich dabei auf Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit. Wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, gilt als weisungsgebunden (§ 611a S. 3 BGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (§ 611a S. 4 BGB).

Wenn mit der Entscheidung des BSG auch klargestellt sein dürfte, dass für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Insolvenzgeld auf den arbeitsrechtlichen Arbeit-nehmerbegriff abzustellen ist, dürfte die Entscheidung hinsichtlich des Anspruches eines Vor-stands der AG eine Ausnahme bleiben. Im vom BSG entschiedenen Fall war Kläger im Insol-venzgeldzeitraum ausnahmsweise neben Stellung als Vorstand auch Arbeitnehmer der AG. Der Anstellungsvertrag eines Vorstandes der AG ist regelmäßig kein Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB, sondern ein Dienstvertrag gem. § 611 BGB, da der AG-Vorstand gem. § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung die Gesellschaft leitet und dabei persönlich unabhängig tätig wird, was wiederum ein Weisungsrecht des Arbeitgebers ausschließt.

Beim Geschäftsführer einer GmbH sieht es hingegen anders aus, da sich seine Rechtsstellung grundsätzlich von der des Vorstandes einer AG unterscheidet. Gem. § 45 Abs. 1 GmbHG können die Gesellschafter entsprechend dem Gesellschaftsvertrag direkten Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben, was ausnahmsweise eine Arbeitnehmerstellung begründen kann. Es dürfte in der Praxis künftig lediglich für (Fremd-) Geschäftsführer ein Zugang zum Insol-venzgeld geschaffen sein, sofern sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages gem. § 611a BGB tätig sind.

SRNL 2022 S. 12 (13)

Abbildung 17

 
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