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SRNL 2022, 10
 

Know your Supplier: Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz wird Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen

Durch die Gesetzesinitiative der Europäischen Kommission vom 23.02.2022 kann sich der Kreis der Betroffenen noch deutlich erweitern

Die Bundesregierung hat mit dem zum 01.01.2023 in Kraft tretenden Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) das Ziel, grundlegende Menschenrechte und die Umwelt zu schützen sowie insbesondere Kinderarbeit zu verbieten, in Gesetzesform gegossen. Das Gesetz soll der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen und einen Mindeststandard im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltschutz bei Produktion, Distribution und Verkauf festlegen. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden 2023 zunächst rund 900 Unternehmen, nämlich solche mit mehr als 3.000 Mitarbeitern, betroffen sein. Ab dem 01.01.2024 werden auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern die Regelungen des Gesetzes befolgen müssen. Doch auch kleinere Unternehmen können betroffen sein, wenn sie Teil einer Lieferkette von Großunternehmen sind.

Unternehmen müssen eine Risikoanalyse durchführen, ob die Verletzung der nachfolgenden Sorgfaltspflichten in der Lieferkette droht: Unversehrtheit von Leben und Gesundheit von Menschen, Ausschluss von Sklaverei, Zwangs- und Kinderarbeit sowie Folter, Befolgung der national geltenden Arbeitsschutzregeln, angemessene Vergütung unter Einhaltung der Mindestlohnregeln, Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot.

Die Anforderungen an die Unternehmen zur Einhaltung des Gesetzes sind abgestuft, je nachdem, ob der eigene Geschäftsbereich inklusive Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, ein unmittelbarer oder ein mittelbarer Zulieferer betroffen sind. Im eigenen Betrieb und bei direkten Zulieferern gilt die Sorgfaltspflicht uneingeschränkt. Bei mittelbaren Zulieferern gilt die Sorgfaltspflicht nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von möglichen Verstößen hat.

Abbildung 10

Läuft die Versorgung bald nicht mehr wie am Schnürchen?

Die praktische Umsetzung erfordert zunächst die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte und eine Identifizierung von Risikobereichen für die oben genannten Verstöße. Ein Risikomanagement, inklusive Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Abwendung negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte, ist zu implementieren. Das Unternehmen hat einen Beschwerdemechanismus einzurichten („Whistleblower-Hotline“). Sodann ist die Lieferkette anlassbezogen oder mindestens einmal jährlich zu analysieren und unter Risikoaspekten zu bewerten. Das Gesetz sieht verpflichtend eine Berichterstattung sowie die Veröffentlichung der Menschenrechts- und Umweltstrategie vor.

Gesetzesverstöße werden mit empfindlichen Bußgeldern, gestaffelt bis zu 800.000,00 EUR bzw. bei einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro sogar 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes, geahndet. Auch der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge kann die Folge sein.

Die vorgenannten Anforderungen werden manches Unternehmen in den kommenden Monaten vor die Herausforderung stellen, die entsprechenden Prozesse im eigenen Betrieb umzusetzen.

Die Europäische Kommission geht bei deren Gesetzesinitiative noch weiter. Der am 23.02.2022 vorgelegte Entwurf sieht vor, dass Unternehmen in der EU schon bei mehr als 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen EUR künftig Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermitteln und geeignete Maßnahmen implementieren müssen. Verschärfende Ausnahmen gibt es für einzelne Branchen, die als besonders vulnerabel im Hinblick auf Umweltschutzverstöße oder die Missachtung der Menschenrechte identifiziert wurden. So haben etwa Unternehmen der Textilindustrie, des Bergbaus und aus dem Agrarsektor bereits bei 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 40 Millionen EUR die Regelungen des Gesetzesentwurfs zu beachten. Der Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene ist abzuwarten. Sollte der EU-Gesetzgeber sich zu den verschärften Regelungen entschließen, wäre dies auch national umzusetzen. Der Kreis der betroffenen Unternehmen würde sich insoweit erheblich erweitern.

 
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